Polnische Throncandidatur 1732, 1733. 197
Einfluß von Polen entfernt zu halten, wie die beiden anderen Mächte,
denen die Einwirkungen Frankreichs von der Türkei her früher oft-
mals gefährlich geworden waren, dem Hause Oesterreich noch besonders
in Ungarn. Zog man das allgemeine Weltverhältniß in Betracht,
so stand Preußen in seiner Besonderheit in keinem Gegensatze der
Politik mit Frankreich. Sehr unbequem aber konnte es ihm werden,
wenn der nächste Nachbar in Deutschland, mit welchem aus mancherlei
Gründen Streitigkeiten und Mißverständnisse kaum zu vermeiden waren,
jetzt durch den Besitz der polnischen Krone verstärkt wurde, die sogar
einen alten Anspruch auf Oberhoheit festhielt. Sollte Friedrich Wil-
helm so ohne Weiteres nachgeben, daß statt eines Piasten, wie er
ihn immer gewünscht, jenes wenigstens unschädlichen Portugiesen, den
er sich gefallen ließ, ein angesehener deutscher Fürst auf den pol-
nischen Thron steigen sollte, von dem er eine der seinen vielfach
zuwiderlaufende Politik erwarten mußte? Sollte er sich sogar ent-
schließen, die Verpflichtung einer Vertheidigung mit den Waffen,
die er für einen andern Fall übernommen, auch auf diesen zu über-
tragen?
Er erklärte sich nicht abgeneigt, sich auch jetzt an Rußland und
Oesterreich anzuschließen, wofern nur Sachsen die Bedingungen an-
nehme, die er gegen ein so großes Zugeständniß aufstellen müsse.
Im Mai waren die Unterhandlungen so weit gediehen, daß er sie
namhaft machte ).
Er forderte vor allem Anerkennung und Förderung seiner An-
sprüche sowohl auf das Großherzogthum Berg als nun auch auf Cur-
land; — dies war die Hauptsache: denn das übrige, was er noch
verlangte, Anerkennung der ostfriesischen wie des königlichen Titels,
Begünstigung in der Reluitionssache von Elbingen und bei dem Salz-
handel, verstand sich entweder von selbst oder wollte nicht viel sagen.
Die preußischen Minister und der König zweifelten nicht, daß der
Kurfürst von Sachsen auf die Vorschläge eingehen werde, zumal da
man ihm zugleich anderweite Vortheile hoffen ließ.
Der Dresdener Hof glaubte jedoch, daß er, da er Oesterreichs und
1) Preußische Postulata 12. Mai; daß Ihro Kön. Hoheit der Kurfürst
verspräche, daß sie den Proceß beim Reichshofrath in der Cleve Jülich und
Bergschen Sache nicht weiter treiben sondern gänzlich liegen lassen; S. Königl.
Mojestät und dero Successoren an der Cron und Chur, auch allenfalls der
weiblichen Posterität das Herzogthum Berg nebst denen Herrschaften Raven-
stein und Winnenthal garantire.