Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Friedrich Wilhelm I. und die Politik von 1715— 22. Alberoni. 15 
gesetzt werden sollte ), Siebenbürgen und Ungarn gegen Oesterreich 
in Bewegung zu bringen. Er meinte damit auch die Türken zur 
Fortsetzung ihres Krieges gegen den Kaiser zu ermuthigen. Und 
zugleich hat Alberoni sein Augenmerk auf den Norden gewendet. 
Die Missionen, die er dahin richtete, sind nicht hinreichend be- 
kannt geworden; aber man weiß, daß er mit dem Gesandten des 
Königs von Polen in Venedig unterhandelte; und ebensowohl mit 
dem Könige von Schweden, wie mit dem Czaren in Verbindung zu 
treten trachtete 1). 
Der Gedanke, Rußland und Schweden zu paeificiren, war nicht 
neu. Schon im Jahre 1709 erkannte man in Frankreich, wie wichtig 
das für alle europäischen Angelegenheiten werden müsse. Rakoczy ist 
schon damals von Ludwig XIV mit der Vermittelung beauftragt 
gewesen. Das Vorhaben scheiterte damals an der Hartnäckigkeit 
Carl XII 2). Jetzt aber konnte man eher auf die Nachgiebigkeit 
desselben rechnen, nachdem ihm seine großen Unternehmungen voll- 
kommen mißlungen waren. Alberoni dachte daran, Rußland und 
Schweden, welche aus verschiedenen Gründen beide in Feindseligkeit 
gegen England geriethen, miteinander zu verbinden, um sie sowohl 
gegen England, als gegen den Kaiser aufzurufen. Und hiebei fand 
er nun an Baron Goertz, dem Vertrauten und Günstling des Königs 
von Schweden, einen Gehülfen, der in weitaussehenden politischen 
Combinationen lebte und webte. Goertz trat mit den Jacobiten, denen 
er die Hülfe des großen Kriegsmannes, seines Königs in Aussicht 
stellte, in Verbindung. Wie weit dieser selbst persönlich betheiligt 
war, wird immer zweifelhaft bleiben: von seinen Ministern aber, 
Goertz und Gyllenborg ist es unleugbar. Um dem König von 
Schweden freie Hand zu verschaffen, ergriff auch Goertz auf das 
lebhafteste den Gedanken, ihn mit dem Czaren zu pacificiren; er 
richtete hiebei sein Augenmerk selbst auf Preußen. Er erschien in 
der Mark Brandenburg und legte Entwürfe vor, denen zufolge die 
preußischen Ansprüche an Schweden anerkannt und mit preußischer 
Hülfe auch die russischen geordnet werden sollten. Da er aber 
damit nur wenig Gehör fand, so wandte er sich unmittelbar an 
den Czaren, der ohnehin sehr dahin neigte, gegen Oesterreich Front 
zu machen. Es kam zu jenen Verhandlungen in Aaland, bei denen 
1) San Felipe, Commentarios, in der deutschen Uebersetzung Bd. III, 
213 
2) Bericht von Vitzez an den Czar. Engel, a. a. O. V, S. 242.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.