Polnisch-französische Verwickelung 1733—35. 211
Mögliche beizutragen. Der König war erstaunt und verwundert.
Siehe da, sagt er in einem seiner Briefe, wie gut berathen Se. Ks.
Majestät ist; es geht ihm in der französischen Sache wie in der pol-
nischen: — mögen nun die Franzosen den Meister spielen, ich habe
mich nicht hineinzumischen, aber so mag denn auch der Kaiser sich
einen andern Verbündeten suchen, um Alles für ihn einzusetzen, wie
ich gethan haben würde.
Es war ein peinvoller Augenblick für König Friedrich Wilhelm,
in welchem er fast selber irre wurde in dem Kerne seiner politischen
Gedanken. Er hatte Alles gethan, um ein starkes Heer aufzustellen,
von dem er sich Ansehen und Einfluß in Europa versprach. Jetzt,
bei der ersten Gelegenheit, wo er die Dienste desselben einem Ver-
bündeten anbot, der ihrer dringend bedurfte, nur unter der Bedin-
gung der vollen Ausführung der durch einen früheren Tractat fest-
gesetzten Zusagen, ward er zurückgewiesen. Er hat wohl einmal gesagt,
es wäre besser, die Armee gar nicht zu haben; wollte er sich begnügen,
zehntausend Mann zu halten, so würde er keiner Contribution be-
dürfen, sein Land würde dann noch in viel bessere Aufnahme kommen,
und eins der reichsten in der Welt werden. Fast schien es ihm, die
Macht bedeute doch nicht so viel, als er geglaubt hatte.
Wir dürfen sagen: er war nur noch nicht mächtig genug! Sein
Kriegsheer erweckte Eifersucht, aber erzwang ihm keine unbedingte
Rücksicht. Man wußte sehr wohl, daß seine Gedanken von dem reichs-
ständischen Gesichtskreis, wiewohl er sich hie und da von demselben los-
zureißen suchte, wesentlich umfangen wurden. Obgleich zurückgestoßen
von Oesterreich und Rußland, und noch immer nicht ohne den Stachel
der alten Beleidigung von England, war er doch nicht in der Stim-
mung und Sinnesweise, um, ohne die äußerste Noth, eine Wendung
nach der französischen Seite hin zu nehmen. ,
Er war beleidigt und hatte Waffen; aber man brauchte ihn
nicht zu fürchten.
Der kaiserliche Hof blieb dabei, daß man den König von Preußen
nicht als einen Verbündeten, Gleichstehenden behandeln müsse, sondern
als einen Reichsstand.
Das war überhaupt für die Macht der deutschen Nation das
Verderblichste in dem alte Reichssystem, daß diese nur aus der selb-
ständigen Kraft der größeren Gebiete hervorgehen konnte; daß aber,
sobald eine solche sich erhob, in dem Reichsoberhaupte darüber eine
Eifersucht entstand und entstehen mußte, die ihm früherhin Unter-
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