Polnisch-französische Verwickelung 1733—35. 219
Hoffnung. Sie trug dem König Friedrich Wilhelm, wenn er sich für
Sachsen erkläre, die Woiwodschaft Pomerellen nebst den dazu ge-
hörigen Starosteyen, den Besitz von Elbingen an, auch die Ratification
des löwenwoldischen Vertrages ließ sie noch einmal hoffen. Und ob
nun der König nicht einen Entschluß fassen, das Eine oder Andere
mit rascher Hand hätte ergreifen sollen? Die Sachen waren dahin
gediehen, daß beides mit der größten Gefahr verknüpft war. Hätte
er sich mit den Franzosen und ihren Freunden vereinigt, so würde
er mit dem Kaiser gebrochen haben, was er wegen seiner Reichs-
pPflichten und jener Rücksicht auf Berg nicht thun wollte. Hätte er
sich den Russen angeschlossen, so würde er leicht mit den Franzosen,
die nun die Uebermacht besaßen, zerfallen sein, und seine rheinischen
Landschaften einem Einfall derselben ausgesetzt haben. Ueberdies
aber: er konnte kein rechtes Zutrauen mehr fassen; die Welt, sagte er,
sei voller Betrug, „wer sich mit Niemand verbinde, und sich geschlossen
halte, der fahre am besten“.
Zunächst trug er nur Sorge, jede Anmuthung von sich zu weisen,
mit der Jemand seiner Unabhängigkeit zu nahe trat.
Nachdem Stanislaus Leszczynski sich noch in dem letzten Augen-
blicke der Gefahr, unter Abenteuern höchst mühseliger Art, von denen
er selbst mit gewandter Feder Bericht erstattet hat!), aus Danzig in
das preußische Gebiet gerettet und nach Königsberg gekommen war,
machte der Wiener Hof dem Könige von Preußen den Antrag, den
Flüchtling der Czarine auszuliefern. Friedrich Wilhelm fand diesen
Gedanken grausam und wies ihn weit von sich. Vielmehr gab er
dem Kaiser aufs neue den Rath, Stanislaus auch jetzt noch an-
zuerkennen, wodurch er allein die Provinzen, die man ihm entreißen
wolle, zu retten vermöge. Er wiederholt, was er immer gesagt: die
Sache sei nicht gerecht; warum wolle man ihn nicht König in Polen
sein lassen; warum halte man sich nicht an seine alten Freunde, die
Seemächte und das Reich; warum ziehe man die russische Freund-
schaft jeder andern vor? Man werde keinen Vortheil von derselben
haben; Gott sei nicht bei dieser Sache. Er schreibt mit dem herz-
lichen Eifer eines alten Reichsfürsten, in welchem bei aller Verwerfung
der Politik des Kaisers eine innere Hingebung gegen denselben gleich-
sam wider Willen fortdauert. „Er werde Gott anrufen, daß er dem
Kaiser die rechte Gesinnung eingebe.“
1) Oeuyvres du philosophe bienfaisam I, 23— 76.