Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Fünstes Capitel. 
Veränderte politische Haltung. Berhandlungen über die 
Bergische Angelegenheit. 
Indem Friedrich Wilhelm — davon durchdrungen, was Stanis- 
laus Leszezynski in beredten Flugschriften entwickelte, daß Frankreich 
ihn niemals fallen lassen werde, es überhaupt mit Polen sehr ernstlich 
meine !) — sich noch mit jenen Ideen trug, bei denen dagegen auch 
die Integrität des deutschen Reiches gesichert gewesen wäre, wurden 
zwischen den Höfen von Wien und Versailles Unterhandlungen ganz 
anderer Art gepflogen. 
Aus einigen Briefen des Prinzen Eugen ergiebt sich, in welch 
eine unglückliche Lage mit einem Schlage Oesterreich gerathen war. 
Der Prinz machte den Kaiser besonders auf die Gefahr aufmerksam, 
denen der Bestand der deutschen Erblande bei Fortsetzung des Krieges 
ausgesetzt sei. Diese Lande seien von allen Seiten auf; und voll 
von Gährung. Selbst Sachsen könne wohl, einmal in Polen befestigt, 
seine alten Ansprüche auf Böhmen wieder erneuern; Frankreich könne 
Baiern, Sachsen und selbst Preußen, das sich ihm bereits in der 
polnischen Sache nähere, für sich gewinnen; dagegen habe man 
tein Mittel zum Widerstande. Er täuschte sich nicht darüber, daß von 
den Seemächten Beistand zu erlangen, nicht die mindeste Hoffnung 
gehegt werden dürfe. In dieser verzweifelten Lage sah der Prinz 
nur einen Ausweg, der der Politik, welche er sein ganzes Leben ver- 
fochten hatte, widersprach; ein äußerstes Heilmittel bei dem äußersten 
1) Eine Marginalie des Königs Friedrich Wilhelm: ich bin persuadirt, 
daß Frankreich alle seine Tage kein Friede macht, als (wenn) Stanislaus soll 
König bleiben.
	        
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