234 Sechstes Buch. Fünftes Capitel.
Der König erkannte wohl, daß er auf diesem Wege nie dazu
gelangen würde, seinen Anspruch durchzuführen, und er mußte auf
andere Mittel Bedacht nehmen.
Es schien ihm nicht unmöglich, ohne weitere Dazwischenkunft,
ein Abkommen mit dem Kurfürsten von der Pfalz zu treffen. Gar
nicht gering lauteten die Erbietungen, die er demselben gemacht hat
— 1,200,000 Thaler für den Kurfürsten selbst, und für jede seiner
Prinzessinnen ein Brautschatz von 50,000 Thaler, — sobald er zum
Besitz von Berg gelange; allein es zeigte sich bald, daß er damit doch
nicht durchdringen werde. Die Minister des Kurfürsten von der Pfalz
waren entweder im kaiserlichen oder im französischen Interesse, und
eilten, diese Vorschläge, über die sie allein berathen sollten, den Höfen
von Wien und Versailles kundzuthun. Einen einzigen gab es unter
ihnen, welcher eigene Beschlußnahme gewünscht hätte, Grevenbroich.
Dieser war es im Grunde, der jene Verhandlungen hervorgerufen,
allein er genoß lange nicht das Ansehen, das dazu gehört hätte, um
sie durchzusetzen. Der alte Kurfürst war zu gut katholisch, als daß er
sich hätte entschließen sollen, die Provinzen einem protestantischen
Fürsten abzutreten: besser, sagte er, man nehme sie ihm mit Ge-
walt, dann habe er doch nichts zu verantworten.
König Friedrich Wilhelm versäumte nicht, sich auch an die beiden
europäischen Mächte zu wenden, die am wenigsten in diese Dinge
verflochten gewesen, England und Holland, aber ohne Erfolg. Georg 1I
erklärte, habe er jemals eine Verpflichtung in dieser Beziehung über-
nommen, so sei diese durch den Bruch der hannoverschen Allianz
erledigt.
Mit Holland sind im Haag langwierige und weitschichtige Unter-
handlungen gepflogen worden: und wenigstens einmal schien man sich
einander zu nähern. Der König von Preußen erklärte sich mit einer
provisorischen Einrichtung bis zur Entscheidung der Sache begnügen
zu wollen, so daß die Festungen von neutralen Truppen besetzt, und
das Land zugleich von eingeborenen und preußischen Beamten regiert
würde; er nannte dies Status quietus. Da aber die Republik seinen
Vorschlag verwarf, und auf die Erhaltung des Status quo bestand,
so kehrte auch er auf seinen ursprünglichen Anspruch zurück, im Falle
der Erledigung unverzüglich Besitz zu ergreifen.
Statt aber etwas auszurichten, mußte er vielmehr erleben, daß
sich ihm eine allgemeine Besorgniß und Aufregung entgegensetzte.
Die Mächte glaubten, daß der Friede in dem inneren Europa
nunmehr allenthalben auf hinreichend fester Grundlage beruhe: keine