238 Sechstes Buch. Fünftes Capitel.
Dinge brachte diese Erinnerung keinen Eindruck mehr hervor. Im An-
fang 1739 ging vielmehr der Kaiser einen neuen Vertrag mit Frank-
reich ein, nach welchem dem Prinzen von Sulzbach der provisorische
Besitz auf zwei Jahre eingeräumt, und binnen dieser Zeit keine ander-
weite eigenmächtige Besitznahme gestattet werden sollte; bei der Aufrecht-
haltung dieser Bestimmung solle eine Macht die andere unterstützen.
Wie so ganz lief dies den Erwartungen entgegen, die man bei
jenen seckendorfischen Verhandlungen erregt und durch den geheimen
Vertrag von 1728 zu politischer Geltung erhoben hatte. Der Wider-
streit trat bereits sehr entschieden hervor: der König war entschlossen,
wider jede Verhinderung seiner Besitznahme mit gewaffneter Macht
anzugehen: der Kaiser verband sich mit den Franzosen, eine solche
Besitznahme nicht zu gestatten, und suchte sich schon im voraus wider
die möglichen Nachtheile eines Krieges sicherzustellen.
Es scheint beinahe, ruft der König aus, als habe man in Wien
Treue und Glauben, wenigstens in Bezug auf uns, gänzlich bei Seite
gesetzt; man will nach der Lehre Maccchiavelli's nicht halbwegs böse
sein, sondern ganz und gar; aber vielleicht kommt einmal eine Zeit,
wo der Kaiser bereuen wird, daß er seinen besten Freund so em-
pfindlich beleidigt, und Andern aufopfert.
Es war nicht anders: gegen das Ende seiner Tage mußte er
noch einmal eine neue Wendung der Politik versuchen. Auf allen
Seiten zurückgestoßen, von dem Kaiser mit französischen Waffen be-
droht, entschloß er sich, denn ein anderer Ausweg blieb ihm nicht
übrig, sich eben an Frankreich zu wenden.
Und was man bei dem anscheinend so engen Verhältniß zwischen
Frankreich und Oesterreich kaum hätte erwarten sollen, auf die ersten
preußischen Eröffnungen antwortete der Cardinalminister auf eine
überaus entgegenkommende Weise. Indem er scheinbar noch Schritte
that, um die Seemächte zu seiner Abkunft mit Oesterreich herbei-
zuziehen, ließ er sich schon auf ganz entgegengesetzte Unterhandlungen
ein. So war nun einmal die Politik der Zeit, und besonders des
Cardinals Fleury, der es liebte, indem er noch das angenommene
System zu verfolgen schien, sich indessen in unterirdischen Gängen
nach einer andern Seite hin fortzuarbeiten, wo er dann, wenn seine
Zeit gekommen war, plötzlich mit unerwarteten Mitteln hervorbrach:
einem Kriege kommen zu lassen. Bork antwortet: ich will nicht fragen wie
viel Ursache kois. Mt. habe, die Crone Frankreich pro libito in deutschen
Reichssachen schalten und walten zu lassen; wenn aber diese Cron zudring-
licherweise Gewalt brauchen will, so muß man Gewalt mit Gewalt fleuern.