Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Berhandlungen über die Bergische Angelegenheit. 239 
auf diese Art hatte er Lothringen und beide Sicilien dem Hause 
Oesterreich entrissen, und war zum mächtigsten Manne in Europa 
geworden. Indem er sich jetzt Preußen näherte, machte er vor allem 
unverbrüchliches Geheimniß zur Bedingung. Um dies desto besser zu 
beobachten, ward die Unterhandlung weder zu Versailles noch zu 
Berlin, sondern im Haag durch die dortigen Bevollmächtigten beider 
Höfe, Fenelon und Luiscius gepflogen. 
Von vornherein war nicht zu erwarten, daß Fleury dem König 
von Preußen das ganze Herzogthum Berg zugestanden hätte. Viel 
zu enge war er mit dem Hause Pfalz verbündet, zu viel Rücksscht 
mußte er auch auf die katholische Welt nehmen, die in Düsseldorf 
eine Grenzfestung gegen die Protestanten sah, und die jenseit der 
Agger gelegenen bergischen Bezirke für unentbehrlich zur Verbindung 
der katholischen Länder untereinander erklärte, als daß er das eine 
oder die anderen hätte aufgeben können:; er sagte, wenn er es thäte, 
würde er fürchten müssen gesteinigt zu werden. Ueberdies lhielt er 
es auch selbst nicht für zuträglich, das Rheinufer noch in weiteren 
Strecken an einc so starke deutsche Macht gelangen zu lassen. Nach 
langem Widerstreben mußten die preußischen Minister auf Beschrän- 
kungen, die er vorschlug, eingehen; nur bei der Bestimmung des 
Landstriches 1), der längs des Flusses für die Pfalz vorbehalten wer- 
den sollte, erlangten sie einige Zugeständnisse, wogegen sie die Zahlung 
einer halben Million Thaler an die Pfalz versprachen. 
In Berlin warf man noch einmal die Frage auf, ob es nicht 
besser sei, die Ansprüche ungeschmälert zu erhalten und auf günstigere 
Umstände zu warten; der König aber urtheilte, die Welt sei nun 
einmal nicht so beschaffen, daß man sein Ziel auf den ersten Anlauf 
erreiche; hätte sein Großvater sich mit dem Theile von Pommern be- 
nügt, den man ihm angeboten, so würde seitdem längst schon das Ganze 
erworben worden sein. Er nahm den Vertrag an, wie er im März 
1739 im Haag zu Stande kam; am 22. Mai dieses Jahres sind, im 
tiefsten Geheimniß, die Ratificationen eben dort ausgewechselt worden. 
Und schon ließen sich die Dinge zu einer noch engeren Verbin- 
dung an. Der Hader zwischen England und Spanien brach wieder 
aus: man sprach viel von der Wahl eines künftigen Kaisers: in 
1) Die Linie, über die man sich verständigte — anfangend eine halbe 
Meile von Angerort, sich hinzichend gegen die Brücke von Troisdorf, ehe 
diese aber erreicht ist, auf der Höhe von Westhofen sich abwendend nach dem 
Einfluß der Agger in die Sieg — schnitt ein ansehnlicheres Gebiet für Preußen 
ab, als ursprünglich die Meinung gewesen.
	        
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