Berhandlungen über die Bergische Angelegenheit. 239
auf diese Art hatte er Lothringen und beide Sicilien dem Hause
Oesterreich entrissen, und war zum mächtigsten Manne in Europa
geworden. Indem er sich jetzt Preußen näherte, machte er vor allem
unverbrüchliches Geheimniß zur Bedingung. Um dies desto besser zu
beobachten, ward die Unterhandlung weder zu Versailles noch zu
Berlin, sondern im Haag durch die dortigen Bevollmächtigten beider
Höfe, Fenelon und Luiscius gepflogen.
Von vornherein war nicht zu erwarten, daß Fleury dem König
von Preußen das ganze Herzogthum Berg zugestanden hätte. Viel
zu enge war er mit dem Hause Pfalz verbündet, zu viel Rücksscht
mußte er auch auf die katholische Welt nehmen, die in Düsseldorf
eine Grenzfestung gegen die Protestanten sah, und die jenseit der
Agger gelegenen bergischen Bezirke für unentbehrlich zur Verbindung
der katholischen Länder untereinander erklärte, als daß er das eine
oder die anderen hätte aufgeben können:; er sagte, wenn er es thäte,
würde er fürchten müssen gesteinigt zu werden. Ueberdies lhielt er
es auch selbst nicht für zuträglich, das Rheinufer noch in weiteren
Strecken an einc so starke deutsche Macht gelangen zu lassen. Nach
langem Widerstreben mußten die preußischen Minister auf Beschrän-
kungen, die er vorschlug, eingehen; nur bei der Bestimmung des
Landstriches 1), der längs des Flusses für die Pfalz vorbehalten wer-
den sollte, erlangten sie einige Zugeständnisse, wogegen sie die Zahlung
einer halben Million Thaler an die Pfalz versprachen.
In Berlin warf man noch einmal die Frage auf, ob es nicht
besser sei, die Ansprüche ungeschmälert zu erhalten und auf günstigere
Umstände zu warten; der König aber urtheilte, die Welt sei nun
einmal nicht so beschaffen, daß man sein Ziel auf den ersten Anlauf
erreiche; hätte sein Großvater sich mit dem Theile von Pommern be-
nügt, den man ihm angeboten, so würde seitdem längst schon das Ganze
erworben worden sein. Er nahm den Vertrag an, wie er im März
1739 im Haag zu Stande kam; am 22. Mai dieses Jahres sind, im
tiefsten Geheimniß, die Ratificationen eben dort ausgewechselt worden.
Und schon ließen sich die Dinge zu einer noch engeren Verbin-
dung an. Der Hader zwischen England und Spanien brach wieder
aus: man sprach viel von der Wahl eines künftigen Kaisers: in
1) Die Linie, über die man sich verständigte — anfangend eine halbe
Meile von Angerort, sich hinzichend gegen die Brücke von Troisdorf, ehe
diese aber erreicht ist, auf der Höhe von Westhofen sich abwendend nach dem
Einfluß der Agger in die Sieg — schnitt ein ansehnlicheres Gebiet für Preußen
ab, als ursprünglich die Meinung gewesen.