Friedrich Wilhelm I. und die Politik von 1715 —22. 19
Ereignisses zu gedenken, welches weniger an sich, als nur deshalb Er-
wähnung verdient, weil es ein Symptom der allgemeinen Gährung
ist, die damals Europa erfüllte und denn auch Brandenburg ergriff.
Johann Michael von Klement, ein protestantischer Ungar, der in
Halle und Frankfurt an der Oder studirt hatte, war dann im Dienste
Rakoczy's noch sehr jung zu einer nicht unbedeutenden diplomatischen
Thätigkeit gelangt; er vermittelte die Beziehung desselben zu den pro-
testantischen Höfen, denen ihrer politischen Verbindung mit Oesterriich
zum Trotz daran gelegen war, Siebenbürgen zu retten und die pro-
testantischen Ungarn in ihren Schutz zu nehmen. Wir finden ihn in
Berlin, im Haag, in England die Geschäfte seines Fürsten nicht ohne
Erfolg führen. Alles aber endete unglücklich. Rakoczy war genöthigt,
nach Paris zu flüchten. Klement hat ihn auch dahin begleitet. Dort
aber, da der Fürst ihn nicht mehr nach seinem Bedürfniß zu besolden
im Stande wax, von seinen Gläubigern gedrängt, hat er sich von
demselben getrennt. In der Hoffnung, Amnestie zu erhalten, wenn
er über die geheimen Verhältnisse Rakoczy's Mittheilungen mache,
wandte sich Klement nach Wien und erhielt, da er dies ohne alle
Rücksicht that, nicht allein Amnestie, sondern wurde auch von dem
Prinzen Eugen in mancherlei geheimen Geschäften verwandt. Aber
auch hier war seines Bleibens nicht. Prinz Eugen hat erklärt, er
sei sehr geschickt; aber er gehe nicht auf den geraden Wegen ein-
her. Von den Priestern verfolgt, wie er behauptet, wurde Klement
inne, daß er hier sein Glück nicht machen werde; und wandte sich
nach Dresden, wo er bei dem General-Feldmarschall Flemming, der
in den mannichfaltigen und immer wechselnden Beziehungen der da-
maligen Politik lebte und webte, gute Aufnahme fand, hauptsächlich,
weil er eine genaue Kunde des Hofes, von dem er so eben kam, an
den Tag legte. Weniger dahin, als nach Brandenburg richtete sich
jedoch in dieser Zeit die Aufmerksamkeit des Feldmarschalls. Klement,
der den brandenburgischen Hof von alter Zeit her kannte, schien Flem-
ming geeignet, ihm daselbst im Verborgenen gute Dienste zu leisten.
Denn auf allen Seiten ging man mit geheimen Plänen um, die bei
der unsichern Lage der allgemeinen Angelegenheiten sehr gefährlich
werden konnten, wenn sie jemals zur Reife kamen. Ein großes Object
der Politik bildete es, davon in Zeiten unterrichtet zu werden, um
entgegengesetzte Verbindungen einzugehen. Die Aufmerksamkeit des säch-
sischen Hofes richtete sich vornehmlich auf den Vertrag, der, wie man
sagte, zwischen Schweden, Nußland und Preußen abgeschlossen sei
Klement, welchem Flemming die in der mecklenburgischen Sache gegen
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