Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

20 Fünftes Buch. Erstes Capitel. 
den König von Preußen verabredeten Feindseligkeiten nicht verhehlte, 
wurde beauftragt, sich nach einem neuen zuverlässigen Correspondenten 
umzusehen und vor allem über den angeblichen Vertrag Erkundigungen 
einzuziehen. Nun hatte Klement schon etwas früher die Bekanntschaft 
des Residenten einer kleinen Regierung, Georg Heinrich Lehmann 
aus Halle gemacht, der bereits, wenngleich in einer entfernteren Be- 
ziehung zu dem Wiener Hofe stand: eines Mannes von alle den 
Fähigkeiten, deren Klement bedurfte, und einer ihm entgegenkom- 
menden Gesinnung. So wachsam war bei aller ihrer Strenge die 
polizeiliche Aufsicht in Berlin nicht, daß es Klement nicht gelungen 
wäre, heimlich dahin zu kommen, um hier Erkundigungen über die 
vermuthete Tripelallianz einzuziehen ). Lehmann, der mit den Secre- 
tären Grumbkows und Wartenslebens, Bube und Wernicke, vertrau- 
liche Bekanntschaft unterhielt, meldete wirklich nach einiger Zeit, daß 
ein solcher Tractat allerdings im Werke sei; der König überhaupt 
nichts Gutes beabsichtige. « 
Das Bedenklichste war die Nachricht, daß nach diesen Entwürfen 
Stanislaus auf den polnischen Thron gesetzt und Preußen durch Pome- 
rellen vergrößert werden solle. Leicht mögen Flemming diese Mitthei- 
lungen in seiner Intention, dagegen ein enges Bündniß mit Wien 
und Hannover zu Stande zu bringen, bestärkt haben. Aber noch eine 
andere Seite hatte diese Verbindung Klements mit Lehmann. Lehmann 
gehörte zu denen, die über die Regierungsweise Friedrich Wilhelms 
überhaupt mißvergnügt waren. Sie schalten darüber, daß der König 
nur noch Offizieren gute Stellen gebe, alle Anderen, besonders die 
Gelehrten, vernachlässige; daß er namentlich ihnen oder doch ihren 
Freunden ihre Pensionen gestrichen, oder vielleicht auch nur, daß er 
über die Straße gehend sie mit ungnädigen Augen angesehen habe. 
Bei einer Zusammenkunft, die zu Baruth zwischen Lehmann und 
Klement stattfand, kam das Alles zur Sprache. Indem sie hier im 
gräflichen Garten spazieren gingen, steigerten sie einander zu den 
wildesten Plänen. Man sprach davon, wie leicht es sei, den König 
Friedrich Wilhelm kurzweg wegzuführen. Lehmann meinte, man müsse 
sich zugleich der beiden Minister Ilgen und Kraut bemächtigen, auf 
deren Thätigkeit die damalige Macht von Preußen nach Außen hin 
1) Diese Nachrichten, die aus einem Neferat über die definitiven Aus- 
sagen Klements aus dem Dessauer Archiv entnommen worden sind, stimmen 
nicht in Allem und Jedem mit dem überein, was Weber (Aus vier Jahr- 
hunderten, I. Bd., S. 167) aus seinen Acten entnahm. Ich halte sie aber 
kest, weil sie ruhiger und belehrender sind, als die anderen.
	        
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