Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Spätere Jugendjahre Friedrichs II. 255 
er in einem Briefe ausspricht, nur das Soldatenhandwerk zu erlernen, 
den wahren Weg zum Ruhme —, und fand sie beide sehr ehrenwerth; 
gerade die Unthätigkeit des kaiserlichen Feldherrn mache demselben 
Ehre, denn er behaupte dabei das Lager, aus dem man ihn zu ver- 
treiben suche 1). Friedrich selbst gab eine Probe seiner Unerschrocken- 
heit, die im Angesicht so vieler Kriegsleute eine gute Meinung von 
ihm erweckte; auf dem Rückwege von einer Recognoscirung, im Holze 
bei Philippsburg hörte er zum ersten Male Kugeln um sich sausen, 
die nahe bei seinem Wege Bäume zertrümmerten; man bemerkte, daß 
ihm die Hand, die das Pferd führte, darum nicht einen Augenblick 
umsicher wurde. 
Und was hätte er nicht darum gegeben, auch dem Feldzuge 
von 1735 beiwohnen zu können. Aber Friedrich Wilhelm fand es 
nicht angemessen, daß ein preußischer Kronprinz ein Zeuge der un- 
freiwilligen Unthätigkeit der Reichsarmec sei2). Eine der Unvorsichtig- 
keiten, die man dem König in Wien so übel auslegte, bestand darin, 
daß er dem Prinzen, dem er dies Vergnügen versagte, dagegen die 
Erlaubniß zu einer Reise nach Preußen gab, wo sich damals Stanis- 
laus aufhielt. Daß er dabei politische Verhandlungen habe pflegen 
sollen, ist ein Irrthum. Wie ließe sich von Friedrich Wilhelm auch 
nur denken, daß er den Sohn, den er mit Eifersucht von aller Politik 
fern hielt, in einer so zarten Angelegenheit beauftragt hätte: er ver- 
ordnete vielmehr ausdrücklich, daß der Prinz mit Stanislaus nur 
am dritten Orte zusammenkommen dürfe. Friedrich lernte in dem 
verjagten König, dem er sorgfältig alle seinem Range gebührende 
Ehrerbietung bewies, einen Menschen kennen, der etwas von der euro- 
päischen Bildung besaß, nach welcher er noch strebte. Nicht ohne 
Freude und Anregung, das war Alles. Der eigentliche Zweck seiner 
1) Der Cothurne tragique, den er damals vermied (Lettre a Camas 
11. Spt. 1734, in der Akademischen Ausgabe Tom. XVI, S. 131) wird denn 
doch in dem Leben Friedrich Wilhelms S. 77 einigermaßen sichtbar, aber 
lange nicht so dreist und kleinmeisterisch, wie bei den späceren Nachschreibern. 
2) Schreiben vom 6. Septbr. Es ist auch noch sehr ungewiß, ob was 
Rechtes am Rheine vorfallen wird, weil es dem Kaiser an der Hauptsache 
sehlet, dahero man sich an die Ausstreuung vorhabender Bataillen nicht zu 
kehren hat; also würde bei so spät avancirter Jahreszeit zu nichts anderem 
dienen, als die Gelder unnltz zu verschwenden und wie voriges Jahr ein 
Zeuge der gezwungenen kaiserlichen Inaction zu sein, welches eben nicht 
hloriens für den Kronprinzen von Preußen sein kann. Ihr werdet euch also 
beruhigen, zumal ich euch als treuer Vater verspreche, daß ihr gewiß künftiges 
Jahr sogleich nach der Revue von hier in die Campagne gehen sollt.
	        
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