Spätere Jugendjahre Friedrichs II. 255
er in einem Briefe ausspricht, nur das Soldatenhandwerk zu erlernen,
den wahren Weg zum Ruhme —, und fand sie beide sehr ehrenwerth;
gerade die Unthätigkeit des kaiserlichen Feldherrn mache demselben
Ehre, denn er behaupte dabei das Lager, aus dem man ihn zu ver-
treiben suche 1). Friedrich selbst gab eine Probe seiner Unerschrocken-
heit, die im Angesicht so vieler Kriegsleute eine gute Meinung von
ihm erweckte; auf dem Rückwege von einer Recognoscirung, im Holze
bei Philippsburg hörte er zum ersten Male Kugeln um sich sausen,
die nahe bei seinem Wege Bäume zertrümmerten; man bemerkte, daß
ihm die Hand, die das Pferd führte, darum nicht einen Augenblick
umsicher wurde.
Und was hätte er nicht darum gegeben, auch dem Feldzuge
von 1735 beiwohnen zu können. Aber Friedrich Wilhelm fand es
nicht angemessen, daß ein preußischer Kronprinz ein Zeuge der un-
freiwilligen Unthätigkeit der Reichsarmec sei2). Eine der Unvorsichtig-
keiten, die man dem König in Wien so übel auslegte, bestand darin,
daß er dem Prinzen, dem er dies Vergnügen versagte, dagegen die
Erlaubniß zu einer Reise nach Preußen gab, wo sich damals Stanis-
laus aufhielt. Daß er dabei politische Verhandlungen habe pflegen
sollen, ist ein Irrthum. Wie ließe sich von Friedrich Wilhelm auch
nur denken, daß er den Sohn, den er mit Eifersucht von aller Politik
fern hielt, in einer so zarten Angelegenheit beauftragt hätte: er ver-
ordnete vielmehr ausdrücklich, daß der Prinz mit Stanislaus nur
am dritten Orte zusammenkommen dürfe. Friedrich lernte in dem
verjagten König, dem er sorgfältig alle seinem Range gebührende
Ehrerbietung bewies, einen Menschen kennen, der etwas von der euro-
päischen Bildung besaß, nach welcher er noch strebte. Nicht ohne
Freude und Anregung, das war Alles. Der eigentliche Zweck seiner
1) Der Cothurne tragique, den er damals vermied (Lettre a Camas
11. Spt. 1734, in der Akademischen Ausgabe Tom. XVI, S. 131) wird denn
doch in dem Leben Friedrich Wilhelms S. 77 einigermaßen sichtbar, aber
lange nicht so dreist und kleinmeisterisch, wie bei den späceren Nachschreibern.
2) Schreiben vom 6. Septbr. Es ist auch noch sehr ungewiß, ob was
Rechtes am Rheine vorfallen wird, weil es dem Kaiser an der Hauptsache
sehlet, dahero man sich an die Ausstreuung vorhabender Bataillen nicht zu
kehren hat; also würde bei so spät avancirter Jahreszeit zu nichts anderem
dienen, als die Gelder unnltz zu verschwenden und wie voriges Jahr ein
Zeuge der gezwungenen kaiserlichen Inaction zu sein, welches eben nicht
hloriens für den Kronprinzen von Preußen sein kann. Ihr werdet euch also
beruhigen, zumal ich euch als treuer Vater verspreche, daß ihr gewiß künftiges
Jahr sogleich nach der Revue von hier in die Campagne gehen sollt.