Erste Regierungshandlungen Friedrichs II. im Innern. 291
Ideen des Calvinismus lebte und webte, dem seine Bäter gehuldigt.
Kait, der seitdem in England verweilt hatte, trat mit den Manieren
und Ansichten eines Engländers auf, und dachte sich gut zu ver-
heirathen. Dagegen wird Keyserlingk im Anfang fast als ein Günst-
ling betrachtet. Keyserlingk war ein junger Offizier von allgemeiner
Bildung, der die Beschäftigungen seines Fürsten mit gleicher Vor-
liebe theilte; er wußte lateinisch und italienisch; er würzte sein Ge-
spräch mit glücklichen poetischen Reminiscenzen. Für Andere hatte
seine Art und Weise, besonders wenn er Eindruck machen wollte,
etwas Betäubendes: nicht für den König, der an ihn gewöhnt war,
und ihn liebte. Friedrich hat mit eigener Hand den Namen Cäsarion,
wie er Keyserlingk nannte, an die Thüre des Zimmers im Charlotten=
burger Schloß geschrieben, wo derselbe wohnen sollte; es war seinem
eigenen nahe, und er hat ihn zuweilen daselbst aufgesucht. Ein
Günstling aber, der aus seiner Sphäre hätte herausgehen können,
war Keyserlingk darum nicht. Seine Empfehlungen, mit denen er
unerschöpflich war, fanden wenig Rücksicht. Eines Tages schien er
sich noch höher versteigen zu wollen: höre Keyserlingk, sagte ihm der
König, du bist ein braver Bursche, ich liebe dich singen und scherzen
zu hören, aber deine Rathschläge sind die eines Thoren. Von tieferem
Gehalt war Jordan, von der französischen Colonie, der sein Predigt-
amt, das ihm nicht mehr zusagte, verlassen hatte, und der Wißbegier
des Königs durch eine sehr ausgebreitete Kenntniß der Literatur, für
welche er den Eifer eines erklärten Bibliophilen besaß, zu Hülfe kam.
Ihm selbst gewährte es geistigen Genuß und die Aufmunterung, die
er bedurfte, mit dem König umzugehen. In skeptischer Gesinnung,
welche das theologische System lebhaft bekämpfte, aber doch die-tieferen
Grundsätze der Religion zu verletzen sich hütete, in satyrisirender
Wahrheitsliebe wetteiferte er mit ihm: ihre Briefe sind in gleichem
Styl, leicht dahingeworfene Prosa, gemischt mit nicht eben kunst-
gerechten Versen, aber Beweise innigen Verständnisses und voller
gegenseitiger Freundschaft. Oft trafen ihn die sarkastischen Ausfälle
Friedrichs, er antwortete mit gleichen Waffen, und lachte über die,
welche ihn vor den Folgen warnten; er hielt es nicht allein für seine
Pflicht, sondern auch für nützlich, allezeit die Wahrheit zu sagen 1).
Diesen gesellte sich ein neuangekommer Fremder zu, ein noch mehr
encyclopädischer Geist als die beiden Andern, Algarotti, in dessen
1) Vgl. seinen letzten Brief, April 1745: VII. vondra bien apreès ma
mort me rendre la justice, quc si j’ai combattu la superstition avcc
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