24 Fuluftes Buch. Exrstes Capitel.
Parteien in Berlin, die einander in Staat und Gesellschaft bekämpften.
Die eine von diesen, die sich dem Fürsten von Anhalt anschloß, dieser
selbst, sowie der Vertraute Grumbkow wurden von Klement des Ver-
raths bezüchtigt. Es wirft ein eigenthümliches Licht auf die Verhält-
nisse in Berlin, daß Ilgen damit unzufrieden war, wenn zur Begleitung
Klements, der, um seine Papiere zu holen, noch einmal nach dem
Haag ging und wieder zurückkam, ein Offizier verwandt wurde, der
als ein Anhänger des Fürsten von Anhalt galt. Manche hielten den
Fürsten für fähig, die alten Ansprüche des askanischen Hauses in der
allgemeinen Verwirrung, die zu erwarten war, wieder zu erncuern.
Auch sonst war in den höchsten Kreisen Alles wider einander; einer
sprach schlecht von dem andern. Der König wußte nicht, wem er
trauen, was er denken sollte. Um Niemand, der um die Sache wissen
könne, entschlüpfen zu lassen, wurden am 9. December 1718 plötzlich
die Thore der Stadt geschlossen; kein Mensch hinausgelassen, selbst
nicht die Bauern, die, um ihr Getreide zu verkaufen, hineingekommen
waren. Patrouillen durchzogen die Stadt; man sagte, der König
habe sich selbst in der Nacht dabei betheiligt. Haussuchungen wurden
gehalten und Verhaftungen vorgenommen, Männer und Frauen, die
bisher in den höchsten Gnaden gestanden, wohl noch eben an der
königlichen Tafel gespeist hatten, plötzlich nach Spandau abgeführt.
Wenn auch Klement selbst dahin gebracht wurde, so geschah das
mit der auödrücklichen Versicherung der königlichen Gnade; aber,
sagte man ihm, in so wichtigen Angelegenheiten müsse man nun ein-
mal sicher gehen. Wie sehr der König von der Wahrhaftigkeit Klements
durchdrungen war, sieht man aus zwei Schreiben, die er damals erließ:
das eine an den polnisch-sächsischen Hof, das andere an Prinz Eugen
(10. December), welche sehr geeignet waren, die widerwärtigsten Ein-
drücke hervorzubringen. Dem König von Polen wurde angezeigt, daß
er sich anderer Organe, als der bisherigen bedienen müsse, wenn er
mit dem preußischen Hofe verhandeln wolle: dem Prinzen Eugen
wurden die Anklagen Klements in aller ihrer Crudität gemeldet; zwar
mit der Versicherung, daß man sie nicht glaube, aber doch in einem
sehr herausfordernden Tone. Bald darauf fügte der Zufall, daß Prinz
Eugen und Flemming bei einem Mittagsmahl, das der in Wien an-
wesende Kurprinz von Sachsen gab, zusammentrafen. Der sonst sehr
schweigsame Eugen gedachte dieser Sache nicht ohne Entrüstung: er stehe
an der Spitze des kaiserlichen Kriegsheeres, aber mit Banditen habe
er Nichts zu schaffen; er zeigte einen würdigen Stolz, ein beleidigtes
moralisches Selbstgefühl. Graf Flemming sah in der Aufwallung des