Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Erste Regierungshandlungen Friedrichs II. im Junern. 297 
ihren Brücke= und Dammbauten das nöthige Holz aus den königlichen 
Forsten wie vor Alters zu erhalten, so sieht man wohl, wie ganz 
örtlich beschränkt ihre Gesichtspunkte waren. Der Minister Arnim 
versprach in seiner Antwort ein gütiges und gelindes Regiment, er 
erinnerte ausdrücklich an den ersten Friedrich, dessen Geist auf dem 
zweiten ruhe. Man darf jedoch zweifeln, ob dieser selber, der den 
Vater bei weitem höher hielt als den Großvater, damit übereinstimmte. 
Auf das ehemals Herkömmliche viel zu geben zeigte er sich nicht ge- 
neigt: bei der Huldigungsfeierlichkeit, die am 2. August stattfand, sah 
man weder den Kurhut, noch das Scepter des Reichserzkämmerers; 
auf der Huldigungsmedaille fehlen die Worte von Gottes Gnaden. 
Eine halbe Stunde verweilte er auf dem Balkon, seine Blicke auf 
die den Schloßplatz erfüllende Menge gerichtet, ohne ein Wort zu 
sagen, in Gedanken verloren. Von da eilte er zur Besichtigung der 
in Parade aufgestellten Truppen fort. 
Anderwärts wurde die Huldigung durch Commissarien abgenom- 
men; den westlichen Provinzen machte Friedrich im August und Sep- 
tember noch selber einen Besuch, bei dem er zugleich die Truppen 
musterte, die Festungen besichtigte. 
Eine unvergleichliche Erbschaft war es doch, die er nun an- 
getreten: die Regierung von Landschaften, die aus früherer Verödung 
unter glücklich entworfenen, festgegründeten Einrichtungen in sicherem 
Fortschritt wieder emporkamen; über ein von Natur starkgeartetes 
Volk, das die wesentlichen Elemente der Cultur besaß, die nur der 
Pflege bedurften, und durch keine Parteiungen in sich selbst zerrüttet 
wurde. Von dem alten confessionellen Hader war nicht mehr die 
Rede: jede Erinnerung an die besonderen Gerechtsame trat vor der 
Nothwendigkeit, zusammenzuhalten, alle Kräfte zu dem gemeinschaft- 
lichen Ziele politischer Selbständigkeit anzustrengen, zurück. Die strenge 
Zucht und Unterordnung, in der es gehalten ward, dürfte nicht als 
Knechtschaft ausgelegt werden, da man ihren Zweck verstand. Wer 
wollte den als einen Unfreien bezeichnen, der die Gewalt liebt, die 
er durch den thätigsten Gehorsam erst möglich macht, und die ihm 
eine von fremdartigen Weltkräften unabhängige Stellung verleiht. 
Einige Minister sollen Anfangs unter andern Aenderungen auch die 
Herstellung regelmäßiger Zusammenkünfte des geheimen Rathes er- 
wartet haben; Friedrich erklärte ihnen, er wolle die Formen seines 
Vaters beobachten; lange Berathungen, weitschweifige Vorstellungen 
waren ihm noch widerwärtiger als diesem: er entschied lebhaft, un- 
mittelbar, und auf immer. Sein Sinn war, im Innern einige
	        
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