Auswärtige Geschäfte in den ersten Monaten. 301
So sprach der Sterbende. Er drückte nicht allein seine Ge-
sinnung noch einmal aus, sondern er bezeichnete den Standpunkt,
auf welchem er die Dinge seinem Nachfolger hinterließ.
Das, was er als das Nächste vorausgesehen, trat sofort nach
seinem Tode ein. Noch ehe eine amtliche Anzeige von demselben ge-
macht worden, erschien schon einer der deutschen Minister des Königs
oon England, mit einem für diesen Fall im voraus abgefaßten Be-
glaubigungsschreiben versehen, in Berlin. Sein Antrag lautete nicht
allein auf eine Erneuerung des erblichen Bündnisses zwischen den
beiden Häusern, die bei jedem Regierungswechsel geschehen solle, sondern
besonders auf vertrauliche Besprechung über die Lage der öffentlichen
Geschäfte, um vereinigte Rathschläge darüber zu fassen ½.
Und wie hätte sich, da der Fürst, der den Thron bestieg, einst
in seiner Jugend eine unzweifelhafte Vorliebe für England kund-
gegeben und darüber so viele Widerwärtigkeiten bestanden hatte, in
Georg II nicht die Hoffnung regen sollen, ihn ganz auf seine Seite
zu ziehen? Gehörte er doch selbst durch Mutter und Großmutter
dem hannoverschen Hause an. Von seiner Mutter, welche jene Hin-
neigung getheilt, und der er eine unbeschreibliche Ehrerbietung wid-
mete, durfte man vermuthen, daß sie einen gewissen Einfluß zu
Gunsten dieser Richtung auf ihn ausüben werde; noch lebten Mi-
nister, welche die öffentliche Stimme in Berlin geradezu für han-
noverisch erklärte. In der That waren die, welche Friedrich hiebei
zu Nathe zog, der Meinung, daß man einer so freundschaftlichen
Annäherung sich #entziehen müsse. *
Der junge König theilte jedoch diese Ansicht mit Nichten. Eben
das war das Ergebniß jener stürmischen Jahre, daß die engen eine
selbständig politische Bewegung hemmenden Bande der Verwandtschaft
wenn nicht aufgelöst doch unwirksam geworden waren. Friedrich
war von seiner Vorliebe längst zurückgekommen. Seiner angeborenen
Sinnesweise und der Entwickelung, die seine Gedanken nahmen, wider-
sprach es, die Blutsverwandtschaft als einen Grund der politischen
Verbindung anzusehen. Ueberdies berührte ihn die Eile, das Drin-
gende des Anerbietens eher unangenehm. Er gab dem Gesandten,
Münchhausen 1), die besondere Audienz nicht, die er verlangte, sah
1) Friedrich Thulemeier 5. Juli: eroyxant en effet, qu'il ne fandra
rien précipiter tant plus, quc le memionné traité étant regardé comme
Perbetucl ct obligatoire il suffira, juscn'’à ce, due le tems nous Cclair-
cira sur les vues et les véritables dispositions des Français et des
Anglais.