Auswärtige Geschäfte in den ersten Monaten. Herstall. 311
Uniform mehr im Lande blicken lassen. Die Rentmeister hörten auf,
der Kriegs= und Domänenkammer zu Cleve, wohin sie angewiesen
waren, Rechnung abzulegen: ein Advocat von Lüttich, des Namens
Dafawes, genoß ein größeres Ansehen im Lande, als sämmtliche
Beamten des Erbherrn?).
Mit aller seiner Energie konnte Friedrich Wilhelm nichts dagegen
machen, noch die Sache beilegen.
Er hätte am liebsten die Herrschaft gegen einige seinen clevischen
Landen näher gelegene lüttichsche Besitzungen vertauscht: allein Bischof
und Landstände von Lüttich, hier am Orte die stärkeren, ließen sich
dahin nicht bringen. So sehr es seinen Grundmaximen entgegenlief,
so fühlte er sich doch endlich bewogen, auf einen Verkauf zu denken:
die Stände machten ihm aber auch hiefür eine Bedingung, die er
unmöglich eingehen konnte; sie wollten das Kaufgeld, 100,000 Patta-
cons (125,000 Thlr.), womit er sich begnügt hätte, nicht auszahlen,
sondern nur verzinsen, unter dem Vorwand, daß es noch andere Prä-
tendenten gäbe, welche in Zukunft ihre Ansprüche geltend machen
könnten. Gleich als sei das Recht von Preußen, das durch so viele
mühevoll zu Stande gebrachte Verträge erworben worden, überhaupt
zweifelhaft. Der König wies dies mit Entrüstung zurück, aber es
leuchtet ein, daß die Unterhandlung, selbst die Aussicht einer Ver-
äußerung nicht dazu dienen konnte, sein Ansehen im Lande zu ver-
mehren. Wohl sagte man ihm, er möge das Gewicht seiner Macht
in dieser Sache anwenden, ein paar hundert Mann würden hin-
reichen, die rebellischen Unterthanen in Ordnung zu bringen, leicht
könnte man den Bischof durch Repressalien, in den benachbarten Graf-
schaften Hoorn und Lootz, zum Vergleich nöthigen; allein dazu war
Friedrich Wilhelm I und sein Ministerium nie zu bewegen, er fürch-
tete den Widerstand der kampffertigen Landmiliz des Bisthums, haupt-
1) Die Acta von Herstall im K. Staatsarchiv umfassen 20 Voll. und
verdienten wohl näher ftludirt zu werden. Der Fall ißst insofern interessant,
als er den Conflict einer reichsunmittelbaren Herrschaft mit der Landeshoheit
untert sehr besonderen Umständen darstellt. Der kaiserliche Hof erkannte als
solcher die jura eminentiora des Erbherrn an; diese sind: Justiz und die
Regalien in Berg und Wasser; — Lüttich aber prätendirte die Appellationes
in civibus, Polizei= und Contributionswesen, überhaupt die Souveränetät;
der Kaiser als Herzog von Brabant hat diese dem Bischof von Lüttich garan-
tirt. Lüttich erkennt (nach den Aeußerungen des Gesandten am Reichstag
Nov. 1737) das Gewicht der preußischen Gründe an, fordert aber von dem
Kaiser die Eviction des Versprochenen. — Die Antorität des Kaisers als
solchen erscheint durch seine Eigenschaft als Herzog beschränkt und gefesselt.