326 Siebentes Buch. Viertes Capitel.
sich vorgenommen, in der Ruhe des Winters den Antimacchiavell
umzuarbeiten; er dachte ein gutes französisches Schauspiel für Co-
mödie und Tragödie bei sich einzurichten, wünschte die Gesellschaft,
die ihn umgab, zu der während der Reise nach Cleve Maupertuis
gekommen war, noch durch einen oder den andern namhaften Mann
zu vermehren. Seine Stimmung zeigt sich in einer Epistel an Gresset,
worin er diesen nach seinem Lande einladet; denn auch hier habe
man stille Landhäuser, man kenne den ganzen Werth eines ruhigen
und fleißigen Lebens, das vielleicht das einzige glückliche in der Welt
sei. Es ist gleichsam ein ironisches Zusammentreffen, daß er damals
mit beredten Worten die Asyle des Friedens pries, fern von der
Pracht der Höfe und dem Lärm der Städte, wo man nur darauf
denke, einander zu gefallen und vergnügt zu leben, ohne die Stürme
ehrgeiziger Wünsche 1); und gleich darauf einen Gedanken faßte, voll
des großartigsten Ehrgeizes, der sein Leben mit Sturm erfüllen sollte.
Manche meinten wohl, er werde daran denken, nach dem Aus-
sterben des habsburgischen Stammes die kaiserliche Würde an den
brandenburgischen zu bringen. Unumwunden schrieb ihm das bei der
ersten Nachricht Fürst Leopold von Dessau: „aus ergebenstem Herzen
wünsche er ihm diese Erhöhung, denn gewiß lebe Niemand in Europa,
der dieselbe mehr verdiene, und besser im Stande sei, sie aufrecht zu
erhalten.“ Auch in Berlin ist wohl hie und da von diesem Gedanken
die Rede gewesen. Einer der Schwestern des Königs, welche ein-
wandte, daß das protestantische Bekenntniß nicht daran denken lasse,
entgegnete Manteuffel, das sei kein Hinderniß: es gebe kein Reichs-
gesetz, das die Protestanten vom kaiserlichen Throne ausschließe. Ob
ein solcher Plan sich hätte ergreifen, durchführen lassen, wer will es
ausdenken? — Friedrich antwortete dem Fürsten mit einigen für
seine Hingebung dankenden Worten, ohne auf die Sache im min-
desten einzugehen. Wie er gesinnt und geartet war, konnte er nimmer-
mehr Kaiser des damaligen Deutschlands sein. Ihm stellten sich nur
die Ansprüche und Rechte seines Hauses dar, die große Gelegen-
heit, sie zur Geltung zu bringen, die Machtstellung seines Hauses
zu vollenden.
Man darf, oder vielmehr man muß annehmen, daß jene Denk-
1) ect Ton connöit, malgre Iembarras des affaires, tout le prix
rie tranquille et appliquce peutetre la scule heureuse en ce monde.
Remusberg 24. Oct. (Der Brief war, als ich dies schrieb, noch ungedruckt;
jetzt findet man ihn in der Akad. Ausg. der Oeurres XX, 3.)