Ursprung der Unternehmung auf Schlesien. 329
und Dänemark zu vereinigen, und selbst unter französischer Ver-
mittelung ein Verhältniß zu den Osmanen nicht zu scheuen haben.
Da sieht man, welchen Sinn es hatte, wenn einst Friedrich Wil-
helm bei seiner ganzen Politik auf nichts so sehr drang, als darauf,
eine freie Hand zu behalten. In den beiden großen Fragen: der
maritimen, zwischen den Bourbonen und England, und der continen-
talen, zwischen Maria Theresia und ihren Mitbewerbern, von welchen
sich erwarten ließ, daß sie in eine einzige zusammenfallen, und
zu zwei großen europäischen Bündnissen führen würden, konnte
sich Preußen, nach seinem eigenen Verhältniß und Interesse ent-
scheiden.
Fragt man aber, zu welchem der beiden möglichen Systeme sich
die Minister hinneigten, so ist kein Zweifel, daß sie das erste beie
weitem vorgezogen hätten. In den Gutachten heißt es: der erste von
den vorgeschlagenen Wegen sei der natürliche, sichere, gefahrlose; der
andere uneben und rauh, bei der räumlichen Entfernung des vor-
nehmsten Verbündeten mit großen Gefahren verknüpft 7.
Welcher von beiden aber auch eingeschlagen werden sollte, so
sind sie allemal dafür, daß man sich vor allen Dingen in Besitz
von Schlesien setzen müsse. Es war ebenfalls eine Maxime, die sich
Friedrich Wilhelm und wohl die meisten Reichsfürsten aus den bis-
herigen Vorgängen abgezogen hatten, daß man über seine Rechte
nur dann mit Vortheil unterhandle, wenn man damit beginne, sie
auszuüben; daß man nur mit demjenigen Anspruch gehört werde,
den man ohne Weiteres ins Werk setze.
Durch den Tod des Kaisers waren auch die Rücksichten gehoben,
die sonst einem Fürsten des Reiches gegen das Oberhaupt desselben
obgelegen hätten. Dem Vereine der von ihm hinterlassenen Erblande,
unter seiner Tochter, stand der Verein der brandenburgischen voll-
kommen gleichberechtigt gegenüber. Ueber die niemals rechtsbestän-
dige, sondern nur factisch entschiedene Frage, zu welcher von beiden
ein großer Theil von Schlesien gehöre und gehören solle, konnten sie
wohl einen Waffengang miteinander bestehen.
Was zu unverweilter Besitznahme noch besonders antrieb, war
die Besorgniß, daß diese Provinz leicht ein Zankapfel, oder auch ein
) Nous avouons franchement, que si la première route nous paroit
la plus naturelle la plus solide et la moins dangereuse pour les suites,
la seconde ne laisse pas due d’etre autant plus raboteuse sujette à des
grandes inconvenients et revers de fortune.