Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Ursprung der Unternehmung auf Schlesien. 329 
und Dänemark zu vereinigen, und selbst unter französischer Ver- 
mittelung ein Verhältniß zu den Osmanen nicht zu scheuen haben. 
Da sieht man, welchen Sinn es hatte, wenn einst Friedrich Wil- 
helm bei seiner ganzen Politik auf nichts so sehr drang, als darauf, 
eine freie Hand zu behalten. In den beiden großen Fragen: der 
maritimen, zwischen den Bourbonen und England, und der continen- 
talen, zwischen Maria Theresia und ihren Mitbewerbern, von welchen 
sich erwarten ließ, daß sie in eine einzige zusammenfallen, und 
zu zwei großen europäischen Bündnissen führen würden, konnte 
sich Preußen, nach seinem eigenen Verhältniß und Interesse ent- 
scheiden. 
Fragt man aber, zu welchem der beiden möglichen Systeme sich 
die Minister hinneigten, so ist kein Zweifel, daß sie das erste beie 
weitem vorgezogen hätten. In den Gutachten heißt es: der erste von 
den vorgeschlagenen Wegen sei der natürliche, sichere, gefahrlose; der 
andere uneben und rauh, bei der räumlichen Entfernung des vor- 
nehmsten Verbündeten mit großen Gefahren verknüpft 7. 
Welcher von beiden aber auch eingeschlagen werden sollte, so 
sind sie allemal dafür, daß man sich vor allen Dingen in Besitz 
von Schlesien setzen müsse. Es war ebenfalls eine Maxime, die sich 
Friedrich Wilhelm und wohl die meisten Reichsfürsten aus den bis- 
herigen Vorgängen abgezogen hatten, daß man über seine Rechte 
nur dann mit Vortheil unterhandle, wenn man damit beginne, sie 
auszuüben; daß man nur mit demjenigen Anspruch gehört werde, 
den man ohne Weiteres ins Werk setze. 
Durch den Tod des Kaisers waren auch die Rücksichten gehoben, 
die sonst einem Fürsten des Reiches gegen das Oberhaupt desselben 
obgelegen hätten. Dem Vereine der von ihm hinterlassenen Erblande, 
unter seiner Tochter, stand der Verein der brandenburgischen voll- 
kommen gleichberechtigt gegenüber. Ueber die niemals rechtsbestän- 
dige, sondern nur factisch entschiedene Frage, zu welcher von beiden 
ein großer Theil von Schlesien gehöre und gehören solle, konnten sie 
wohl einen Waffengang miteinander bestehen. 
Was zu unverweilter Besitznahme noch besonders antrieb, war 
die Besorgniß, daß diese Provinz leicht ein Zankapfel, oder auch ein 
) Nous avouons franchement, que si la première route nous paroit 
la plus naturelle la plus solide et la moins dangereuse pour les suites, 
la seconde ne laisse pas due d’etre autant plus raboteuse sujette à des 
grandes inconvenients et revers de fortune.
	        
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