Ursprung der Unternehmung auf Schlesien. 331
man sagen müssen, daß ich die Ueberlegenheit über meine Nachbarn,
die ich habe, auch zu benutzen verstehe 1)
Es ist der Mühe werth, den Ueberlegungen, die, wenn das
Wort erlaubt ist, schriftlich zwischen dem König und Podewils ge-
pflogen worden, an dieser entscheidenden Stelle noch im Einzelnen
zu folgen.
In einem kleinen Aufsatze, den Friedrich am 6. November an
Podewils schickt, geht er davon aus, daß er nicht warten dürfe, bis
Sachsen oder Baiern Feindseligkeiten beginne; die Absichten namentlich
des ersteren seien seinen Interessen geradezu entgegengesetzt; die besten
Ansprüche auf Schlesien habe das brandenburgische Haus, und recht
sei es, sein Recht zu behaupten; die Geschwindigkeit, mit welcher er
seine Truppen ins Feld führen könne, biete ihm einen unvergleich-
lichen Vortheil dar. Er führt dann weiter aus, wie günstig ihm die
Lage der europäischen Angelegenheiten sei. Vor allem mache es die
Entzweiung zwischen Frankreich und England möglich, von diesen
Mächten die eine oder die andere zu gewinnen. England habe keinen
Grund, wegen der Erwerbung von Schlesien eifersüchtig zu werden,
weil es dadurch keinen Schaden leide; sollte man jedoch mit dem-
selben sich nicht verständigen, so werde man auf jeden Fall Frank-
reich auf seiner Seite haben, das nichts mehr wünsche, als eine Ver-
ringerung der österreichischen Macht. Rußland sei der einzige Staat,
von dem man bei dieser Unternehmung gestört zu werden fürchten
könne. Aber Rußland sei auch durch die Rücksicht auf Schweden,
von dem es alsdann angegriffen werden dürfte, und durch seinen
innern Zustand gehemmt; es werde in sich selbst beschäftigt sein, wenn
die Kaiserin sterben sollte. — Der König forderte Podewils auf,
ihm mit der Freimüthigkeit eines ehrlichen Mannes gegen seine An-
nahmen Einwendungen zu machen.
Podewils, welcher anderwärts versichert, daß er dem König auch
mündlich Alles vorgestellt habe, was sich gegen das Vorhaben sagen
1) Man wird die Worte Friedrichs gern lesen: je vous donne un pro-
bleme à resoudre. Quand on est dans I’arantage, faut il s'en prevaloir
ou non? je suis pret avec mes troupes et tout. Si je ne m'’en prevaux
pas, je tiens entre mes mains un bien, dont je méconnois l'usage. Si
je m'en prevaux, on dira, que Tai rhabilité de me servir de la su-
periorité quc j’ai sur mes voisins.“ Eigenhändiges Postscript zu einem
Cabinetsschreiben vom 1. Novbr., worin der Befehl enthalten ist, daß über
den Tod des Kaisers in Berlin ebenso lange Trauer angelegt werden soll,
als man über den Tod des Königs in Wien getrauert habe.