Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Ursprung der Unternehmung auf Schlesien. 335 
den Beinamen eines Königs der Grenzstriche, und diese Franzosen 
wunderten sich, daß ein solcher daran denke, allein etwas zu unter- 
nehmen 1). In Versailles zeigte sich eine eigenthümliche Rückwirkung 
ihrer Berichte. Ludwig XV, der sonst nur wenig an den Geschäften 
Theil nahm, redete doch eines Tages, zu seiner Jagd gehend und 
davon kommend, von nichts anderem, als von den Rüstungen und 
Bewegungen des Königs von Preußen. Es schien beinahe, als seien 
die Franzosen eifersüchtig, daß noch eine andere Macht auf der Bühne 
der Welt selbständig auftreten wolle, wo bisher vornehmlich der fran- 
zösische Rame geglänzt habe. 
Dagegen näherte sich Preußen dem Wiener Hofe in vertrau- 
lichen Eröffnungen, aber freilich solchen, die den gefaßten Beschlüssen 
gemäß die außerordentlichsten Forderungen vorbereiten sollten. 
Auf eine beim Tode des Kaisers vorgekommene freundschaftliche 
Aeußerung des Großherzogs von Toskana antwortete Friedrich gleich 
am 31. October, der Wiener Hof könne allerdings auf seinen Bei- 
stand rechnen, aber nur unter Bedingungen, welche der Gefahr, der 
er sich dabei aussetze, entsprechend seien, denn man habe nichts Ge- 
ringeres, als einen allgemeinen Krieg zu erwarten. Das gewohnte 
Zögern aber gelte diesmal nicht: wolle man ihn gewinnen, so müsse 
man die Gelegenheit bei den Haaren ergreifen. 
Es könnte scheinen, als sei es zu viel gesagt, daß ein allgemeiner 
Krieg bevorstehe, denn wie dann, wenn Oesterreich sich mit Frank- 
reich verständigte? Er wäre doch auch dann unendlich schwer zu ver- 
meiden gewesen, da die Feindseligkeit zwischen Spanien und England 
bereits ausgebrochen, und Frankreich tractatenmäßig verpflichtet, sowie 
seines eigenen Vortheils wegen sehr bereit war, sich für Spanien zu 
erklären. Die Parteien konnten wechseln, aber ein Zusammentreffen 
derselben, auch in Deutschland, ließ sich bei der Lage der Dinge nicht 
vermeiden. 
Am 12. November bemerkt der König gegen seinen Gesandten 
1) Valori 3. Dec. NMr. de Voltaire, qui se fait unc affaire de mar- 
duer son veritable attachement et son profond respect pour son Eminence 
et son zele pour la France a reçu hier unce lettre du roi de Prusse, 
dwiil dit étre extrmement bien tournée et qu#il n’a pas osé me confier. 
II 'a dit sculement, que ce prince badinoit sur ce, quc le démon de 
la guerre étoit venu le saisir. Vgl. Voltaire's Briese Nr. 1050. II croit. 
aussi due le roi de Prusse et le grand duc seroient ’accord. C'est 
beaucoup pour le roi des lisières comme dit Voltairc, de se croire en 
état d’operer seul.
	        
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