Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Besitzergreifung von Schlesien. 343 
mit sich brachte und den Landesproducten, die sonst nicht zu ver- 
werthen waren, einen unerwarteten Absatz verschaffte. Die oberste 
Regierungsbehörde in der Provinz, das Oberamt, erließ den Befehl, 
daß Niemand den Einrückenden Lebensmittel zuführen, noch Hand- 
reichung thun solle. Wie wäre aber daran zu denken gewesen, daß 
sich die Einwohner durch Weigerungen dieser Art zugleich des will- 
kommenen Gewinnes berauben und der offenbaren Gewalt hätten 
aussetzen sollen. Der Conventus publicus selbst stellte es dem Ober- 
amt als eine unbedingte Nothwendigkeit dar, die Landesältesten an 
das preußische Kriegsheer zu schicken, um mit demselben ein Abkom- 
men über die ihm zu liefernden Lebensmittel zu schließen, sonst werde 
die Erpressung nur einzelne Ortschaften treffen und dieselben zu 
Grunde richten, zum äußersten Verderben des ohnehin verarmten 
Landmanns. « 
Am 22. December langte König Friedrich nach einigen starken 
und wegen der Witterung nicht eben bequemen Märschen, vor der 
ersten Festung an, die sich ihm entgegensetzte, dem alten Bollwerk 
Schlesiens, Glogau, und schlug sein Lager in Herrendorf auf. Hier 
erschienen die Landesältesten der Fürstenthümer Glogau, Liegnitz, 
Wohlau, — in freier Uebereinstimmung mit dem Conventus — und 
trafen mit dem preußischen Kriegscommissariat Abrede 1) über die 
Verpflegung sowohl derjenigen Heeresabtheilungen, welche Glogau be- 
lagern, als der andern, welche vorwärts rücken sollten. Denn unver- 
züglich wendete sich Schwerin nach der großen Straße, welche am 
Fuße des Gebirges nach dem Glatzischen führt. Für diesen halfen 
sie die Marschroute bestimmen und gaben ihm Commissarien mit, um 
ihn von Stadt zu Stadt, von Kreis zu Kreis zu führen. 
Man dürfte nicht glauben, daß Schlesien ganz ohne Vertheidigung 
gewesen wäre. Die österreichischen Mannschaften, allerdings viel zu 
schwach, um das Feld zu halten, reichten doch hin, um die festen 
Plätze des Landes, die zum Theil sehr ansehnlich waren, zum Theil 
wenigstens haltbar erschienen, zu besetzen. Seit der zweiten Hälfte 
des siebzehnten Jahryunderts war den Befestigungen immer einige 
Aufmerksamkeit zugewendet worden. Glogau, seit 1654 erneuert, ward 
von Friedrich zu gering angeschlagen, wenn er meinte, sich desselben 
1) Protocoll vom 27. Dec. 1740. Gesammelte Nachrichten und Docu- 
mente II. 60. Der Armee sollte „das zur Subsistenz Benöthigte zugeführt 
auch dem ganzen Lande nach denen einzubringenden Liquidationen zu seiner 
Zeit wiederum vergütet und von deren Landesprästandis abgeschrieben werden.“
	        
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