Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Friedrich Wilhelm I. und die Politik von 1715—22. 29 
Die Grundlage von Allem bildete der Friede zwischen dem Kaiser 
und den Türken zu Passarowitz, der unter Vermittelung der Westmächte 
zu Stande gebracht wurde und dem Kaiser freie Hand verschaffte, um 
sich gegen Sicilien, das die Spanier so eben in Besitz genommen, zu 
wenden. Dazu kam das unerwartete Ereigniß vor Friedrichshall, der 
Tod Carl XII. Das Unternehmen des Prätendenten, das Alberoni 
unterstützte, wurde durch Stürme und andere Unfälle vereitelt. Dann 
nahmen die verbündeten Mächte einen Anlauf gegen die Spanier selbst. 
Der Regent, durch eine gegen ihn gerichtete Verschwörung gereizt, 
entschlug sich fürs erste aller Rücksicht auf die spanischen Bourbons; 
er hatte dabei auch die französische Nation auf seiner Seite, welche die 
Sympathien für Philipp nicht empfand, die dieser bei ihr voraussetzte. 
Die Franzosen drangen über die Pyrenäen vor; sie nahmen im Juli und 
August 1719 die altberühmte Grenzfestung Fuentarabia ein: und mit 
englischer Hülfe zerstörten sie die Werfte in den Häfen, wo die Spa- 
nier eben ihre Kriegsschiffe ausrüsteten. In derselben Zeit drang ein 
kaiserliches Heer in Sicilien ein, ebenfalls unter dem Schutze einer 
englischen Flotte und eroberte Messina. Alberoni empfand, daß die 
wiederhergestellten Kräfte von Spanien gleichwohl nicht fähig sein 
würden, diesen Angriffen zu widerstehen. Indem er aber Frieden an- 
bot, wurde von den Verbündeten der Beschluß gefaßt, König Philipp V 
die Entlassung seines ersten Ministers zur vornehmsten Bedingung 
einer Abkunft zu machen. Man versäumte nicht, jeden persönlichen 
Einfluß, auch den des Beichtvaters dafür in Bewegung zu setzen. Im 
December 1719 ward Alberoni plötzlich entlassen; König und Königin 
von Spanien accedirten der Quadrupel-Allianz, die ursprünglich gegen 
sie geschlossen war. Sie erkannten jetzt den Utrechter Frieden, d. h. die 
Grundlagen der in Europa eingeführten Ordnung der Dinge im All- 
gemeinen an; doch trugen auch sie einen Vortheil davon, der ihren 
Intentionen entsprach und für die Zukunft sehr bedeutend werden 
sollte. Sardinien und Sieilien gaben sie auf; aber das Recht ihres 
ältesten Sohnes auf Parma und Piacenza wurde gewährleistet und 
demselben selbst die Aussicht auf die Nachfolge in Toscana eröffnet; 
zugleich traten sie in ein besseres Verhältniß zu dem Regenten. 
So viel springt in die Augen, daß die zwischen Georg 1 und dem 
Regenten geschlossene Verbindung die Oberhand in dem südlichen Europa 
bekam. Preußen hatte sich durch jenen Vertrag derselben gleichsam 
angeschlossen; es verdankte ihr seinen Frieden mit Schweden. 
Am 21. Januar 1720 ward der Vertrag unterzeichnet, durch 
welchen Schweden die Stadt Stettin, den District zwischen der Oder
	        
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