Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

350 Siebentes Buch. Flinftes Capitel. 
goner und Grenadiere von dem rechten gestoßen, so daß diese letzten 
besonders zahlreich waren, vor den Wällen von Breslau an. Seine 
Aufstellung war darauf berechnet, daß der volkreichen Stadt die Zu- 
fuhr abgeschnitten werden konnte; im Nothfall war er entschlossen, 
mit seinen Grenadieren einen Sturm gegen die wenig wehrhaften 
und jetzt durch die zugefrorenen Gräben nicht mehr geschützten Wälle 
zu unternehmen. 
Aber die Bürger von Breslau dachten an keine Feindseligkeit. 
Den Heranrückenden schickten sie Lebensmittel in die nächsten Dörfer 
entgegen; mit Wohlgefallen sahen sie von den Thürmen und Wällen 
zu, wie die brandenburgische Kriegsmacht in ihrer Ordnung auf dem 
schweidnitzer Anger aufmarschirte und sich unter ihren Fahnen und 
Standarten nach den verschiedenen Vorstädten vertheilte. Mit be- 
sonderer Theilnahme bemerkt die Chronik, wie S. Maj. Fridericus 1I 
an jenem Sonntag um halb neun Uhr herangeritten kam, und in 
dem Seultetischen Garten seine Wohnung aufschlug. Seine mili- 
tärische Umgebung in ihren knappen Monturen, mit den funkelnden 
Gewehren erregte die Bewunderung der Menge. 
Es kostete der Stadt kein langes Bedenken, daß sie die Neu- 
tralität einging, welche der König anbot, wobei er sich nur vor- 
behielt, in einer Vorstadt ein Magazin anlegen und von seinen 
Truppen beschützen zu lassen. Jedoch den Dom entriß er der Be- 
satzung der Königin: er selber war bei dem ersten Einmarsch. Den 
Geistlichen, die ihm bei der Kreuzkirche zitternd ihre Schlüssel über- 
reichten, sprach er freundlich Muth ein. 
Man könnte fragen, ob er nicht besser gethan haben würde, sich 
seiner Uebermacht zu bedienen, und zu einer militärischen Occupation 
auch der Stadt zu schreiten. Noch hielt er aber an dem ursprüng- 
lichen Gedanken einer so viel möglich friedlichen Besitznahme fest. 
Hat er doch abgeschlagen, Schutzwachen zuzugestehen, weil man diese 
nur in einem feindlichen Lande zu ertheilen pflege. Schon die Neu- 
tralität und seine Aufnahme in der Stadt bot ihm einen unendlichen 
Vortheil dar. 
Wie unbestimmt sich auch Alles noch anließ, so machte sich doch 
das Gefühl Platz, daß eine Veränderung auf immer vor sich gehe. 
Den König selber setzte die Theilnahme in Erstaunen, mit der er 
empfangen ward. Die Bürger gaben ihm ganz unumwunden ihren 
Wunsch zu erkennen, daß er ihr gnädiger Herr sein und bleiben 
möge. Diese Stufen, sagte der bisherige Director des sofort auf- 
gelösten Oberamtes, Graf Schaffgotsche, indem er die Treppen seiner
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.