Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Ærstes Eapitel. 
Bruch mit Oesterreich. 
Wir haben gesehen, wie Alles kam, — das Unternehmen des 
Königs von Preußen auf Schlesien gewagt werden und im ersten 
Anlauf gelingen konnte; aber noch andere Beziehungen hat ein Er- 
eigniß, als die Beweggründe, aus denen es hervorgeht, und die Um- 
stände, die es möglich machen: betrachten wir die Besitznahme von 
Schlesien in ihrem Verhältniß zu der politischen Ordnung der Dinge 
in Europa, so konnte sie nicht anders als Erstaunen und allgemeine 
Bewegung erregen. 
Friedrich war in das Gebiet einer Macht eingedrungen, die von 
dem stolzesten Selbstgefühl beseelt, über unerschöpfliche Hülfsquellen 
verfügte, inwiefern sie dieselben zu benutzen verstand, die ein uraltes 
Ansehen in Europa und eine Weltstellung besaß, die ihr unwillkür- 
liche auf großen Interessen beruhende Sympathien verschaffte. Mitten 
in dem durch so feierliche Friedensschlüsse festgesetzten System der 
europäischen Mächte hatte Friedrich Ansprüche erneuert, an welche 
außerhalb des brandenburgischen Hauses Niemand mehr dachte, große 
Landschaften als sein Eigenthum in Besitz gegenommen, ohne erst 
zu unterhandeln. 
Das eigenthümlich Charakteristische war, daß er mit Oester- 
reich doch nicht geradezu gebrochen zu haben meinte. Man hat da- 
mals nicht daran glauben wollen und noch heute herrscht die Meinung 
vor, Friedrich habe damit eine Feindseligkeit gegen das Haus Oester- 
reich begangen, von der er sich bewußt gewesen sei, daß durch sie 
jedes gute Verhältniß mit demselben auf immer vernichtet werden 
müsse; Alles, was er in versöhnlichem Sinne geäußert habe, sei 
eben nur Verstellung gewesen. Aus den Berathungen in Rheinsberg
	        
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