368 Achtes Buch. Erstes Capitel.
des Hofes!) nachdrücklich entgegen; er suchte nicht mit mancherlei
Wissen zu glänzen wie Sinzendorf: der Unterricht, den er einst in
Rom genossen, hatte weniger sein Gedächtniß angefüllt, als sein Ur-
theil geschärft, und Scharfsinn ist wohl die Eigenschaft, die am
wenigsten von den Jahren getrübt wird. Starhemberg war unbe-
stechlich, streng katholisch und hielt an den alten Maximen der Mon-
archie fest; er war immer ein Gegner Sinzendorfs gewesen: früher mit
Prinz Eugen gegen denselben verbündet, war zuletzt auch Starhem-
berg mit Eugen zerfallen, dessen Hinneigung zu Preußen er nicht
billigte. Auf die großen Geschäfte hatte er doch in den letzten Jahren
Carls VI keinen entscheidenden Einfluß. Es genügte ihm dann, sich
auszusprechen; hierauf schien er zu erschlaffen oder machte seinem Un-
willen in unfruchtbaren Sarkasmen Luft.
In der Conferenz saßen noch die Grafen Königsegg und Har-
rach. Der erste ein Mann von Bildung und den mannichfaltigsten
Kenntnissen; aber er wird als unentschlossen und ängstlich geschildert.
Man wußte nicht, ob er sich mehr aus Schwäche des Charakters oder
aus Vorsicht und vermeinter Klugheit in den Hintergrund zurückziehe.
Das vergebliche und kaum eingestandene Widerstreben gegen einen
höheren Willen, den sie nicht bekämpfen durften, und den sie doch
nicht für wohlgeleitet hielten, hatte in ihnen allen eine Abspannung
hervorgebracht, welche die Dinge gehen läßt wie sie mögen.
An die Stelle des Kaisers trat nun zwischen ihnen dessen drei-
undzwanzigjährige Tochter, an der man bisher besonders jugendlich
aufblühende Frauenschönheit und eine ruhig fortschreitende Bildung
nach dem Maße des ihr zu Theil gewordenen Unterrichts bewundert
hatte. Sie hatte auch Latein gelernt, und ihr Lehrer wenigstens ver-
sicherte, sie wisse in den Autoren, die er mit ihr lese, deren Eigen-
thümlichkeit zu unterscheiden 2); sie zeigte in Allem, was sie trieb,
Methode und feinen Sinn: im Umgange Ruhe und Ernst, nicht
ohne Grazie. „Was ihr aber“, sagt ein Venetianer von 1738, „den
höchsten Werth verleiht, ist die Erhebung des Geistes, die sie an den
Tag legt, verbunden mit ciner gewissen Männlichkeit des Gemüthes?):
1) Foscarini Storia arcana: allegava, che tolto ü credito del banco
scioglierasi Punico vincolo rimasto alla publica fede. Er fungirte als
Ministerialb D i äsident bei der Wiener Stadtbank, die er 1705
errichtet hatte.
2) Nach Kolinowics redet sie in Presburg 1741 idiomate latino polito
illo nec vulgari cujus gnarissima est.
3) Elevatezza del suo Spirito congiunto ad una ccerta virilità d'animo,