Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

376 Achtes Buch. Erstes Capitel. 
zu der Conferenz gehörte, für Sinzendorf waren; mit Entschiedenheit 
aber war Bartenstein dagegen. 
Wider den Rath des englischen Gesandten hatten sich Gotter und 
Borcke an Bartenstein gewandt; er hatte sie gar nicht einmal sehen und 
ihre Anträge hören mögen. Wie Bartenstein, so war auch Starhem- 
berg gesinnt. Ihre Argumente waren: daß die Garantie der Erbfolge- 
ordnung durch die Abtretung irgendwelchen Landstriches durchbrochen und 
ungültig gemacht werden würde; auch werde sich der König von Preußen 
mit dem, was man ihm überlasse, doch nicht begnügen, sondern auf eine 
Entschädigung durch ganz Schlesien bestehen. Frankreich werde an 
der ausgesprochenen Garantie festhalten; was dann auch Sachsen oder 
Baiern dagegen versuchen sollten, würde wenig bedeuten, und der 
König von Preußen in seine Schranken zurückgewiesen werden können. 
Von den Rechten, die er in Anspruch nahm, hatte man in Wien 
keinen deutlichen Begriff. Der Berliner Tractat, sowie die Schwiebuser 
Transactionen waren in Vergessenheit gerathen und wurden keiner Rück- 
sicht gewürdigt. Man hielt dafür, daß man dem König von Preußen 
nichts schuldig sei und seines Beistandes nicht bedürfe. Vielleicht dürfte 
man noch zweifeln, ob nicht hiebei Sinzendorf und der Großherzog, die 
eine Uebereinkunft wünschten, besser berathen und bessere Rathgeber waren 
als Bartenstein, der auch jetzt von seiner Vorliebe für Frankreich be- 
herrscht wurde, aber sein im Aufsteigen begriffenes Ansehen überwog. 
Die Königin stimmte ihm bei. Im Anfang des Jahres 1741 erklärte 
Maria Theresia, sie fühle sich durch Ehre und Gewissen gebunden, die 
pragmatische Sanction gegen jeden directen und indirecten Bruch der- 
selben aufrecht zu erhalten: demzufolge könne sie weder ganz Schlesien 
noch auch einen Theil desselben abtreten. 
Wir erfahren, daß eine innere Irrung in England nicht ohne 
Einfluß auf diese Entscheidung gewesen ist. Die bereits erschütterten, 
aber noch nicht aus dem Amte verdrängten Whigminister wünschten 
die Verbindung mit Preußen und eine Verständigung zwischen den 
beiden Mächten. Die Männer der Opposition traten mit dem öster- 
reichischen Gesandten in Verbindung, der unter ihrem Einfluß nach 
Wien meldete, das englische Parlament werde Alles aufbieten, um 
die pragmatische Sanction aufrecht zu erhalten. Ueberhaupt aber 
entsprach die Resolution der Königin der in Wien vorherrschenden 
Stimmung; der abweichenden Meinungen hat man kaum jemals ge- 
dacht, so ganz wurden sie in den Hintergrund gedrängt. Die Ani- 
mosität gegen Preußen waltete in den Gemüthern vor. 
Durch die erwähnten Aeußerungen des Großherzogs bewogen, und
	        
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