Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

380 Achtes Buch. Zweites Capitel. 
gemeine, das Uebergewicht der französischen Macht in der Welt zu 
behaupten und zu erweitern. Den Gegensatz hegen Oesterreich hielt 
er so fest Sn Auge, wie Richelieu, oder Ludwig XI 
Was Fleury über die Garantie der Crbhfolgeordnung dachte, 
brauchen wir nicht aus seinen Handlungen zu schließen: hören wir, 
wie er sich gegen den außerordentlichen Gesandten Friedrichs in dem 
Augenblicke äußerte, als die Nachricht noch nicht einmal vom Tode, 
sondern erst von dem hoffnungslosen Zustande des Kaisers bei ihm 
eintraf. Er theilte sie ihm mit, mit gedämpfter Stimme, nach einem 
Moment von Zögern und Nachdenken, und ging mit ihm dann die 
deutschen Fürsten durch, welche die meiste Wichtigkeit haben würden. 
Hiebei brachte der Gesandte die pragmatische Sanction zur Sprache. 
„In unserm letzten Friedenstractat sind wir beigetreten“, sagte Fleury, 
„aber mit der folgenden Clausel: unbeschadet der Rechte eines Dritten.“ 
Eine Clausel, sagte jener, durch die sie mit einem Mal vernichtet 
wird. „Aber das versteht sich“, versetzte der Cardinal, „bei Dingen 
dieser Art von selbst“ 1). Gleich darauf traf die Nachricht von dem 
wirklich erfolgten Tode des Kaisers ein. 
So war nun einmal der Charakter der damaligen Politik. 
Robinson stellt es als eine allgemeine Regel der Diplomatie auf, 
die officiellen Erklärungen der Höfe nicht sowohl deshalb zu studiren, 
um ihren positiven Inhalt zu verstehen, als deshalb, um zu be- 
merken, wie sie der andere Theil zu umgehen gedenke, ohne mit sich 
selbst in offenen Widerspruch zu gerathen. 
Die Rechte Dritter aber, auf welche Fleury trotz seiner Ga- 
1) Camas 30. October; der Cardinal erwähnte noch Preußen, Baiern, 
Sachsen, Hannover, auch den Großherzog von Toskana. „Je pris Foccasion 
de lui parler de la pragmatique sanction pour pénétrer son sentiment. 
Nous F avons accédé, me dit il, par le dernier traité de paix mais arec 
cette clausc: sauf le droit d'un tiers; moyennent quoi, repliquni je 
brusduement, la voild par terre. Mais celn s'entend toujours en pareille 
occasion, réprit il. — In Bezug auf Preußen sagt Fleury zuerst: C'est le 
plus puissant: il pcut lui-senl subsister et agir par lui meme et jouir 
un beau röle dans le changement de scone. Doch wünscht er, daß das 
mit „noblesse et justice“ geschehe. Später berlhrt er noch einmal das 
Wort Gerechtigkeit: Cela est vrai, dis je, mais V Emee avouera aussi, 
duc c'est de meme le tems, de faire valoir des droits justes et des 
Prétentions Eégitimes, qu'’on n'a duc trop long tems et trop durement 
contesté au roi mon mastre. Cela est juste, répondit le Cardinal en se 
levant.
	        
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