382 Achtes Buch. Zweites Capitel.
Nach Allem, was wir erfahren, war hiezu keine Verabredung
mit Frankreich vorausgegangen. Cardinal Fleury drückte sich gegen
den spanischen Hof, dessen Ehrgeiz er nicht hervorzurufen brauchte,
nur mit großer Zurückhaltung aus; allein man zweifelte in Madrid
an sich nicht, daß man in dieser wie in der amerikanischen Sache
die Macht der Franzosen für sich haben werde. Wie sollten diese
nicht Alles thun, um den alten Entwurf einer bourbonischen Familien-
herrschaft weiter auszuführen. Neben Fleury gab es sowohl Ministerial-
beamte als Generale von Einfluß, in denen dieser Gedanke auf das
kräftigste wirkte und von denen er ausgesprochen wurde.
Unter den ersten that sich ein Mann hervor, dessen Vater schon
eine ähnliche Stellung bekleidet, und eine gleiche Richtung verfolgt
hatte, des Namens Pecquet. Er war seinem Vater früher beigeordnet
gewesen, aber schon seit mehr als 20 Jahren selbständig. Dieser, der
für das Orakel des ganzen auswärtigen Amtes galt, machte in den
großen Angelegenheiten die Traditionen aus der Regierung Lud-
wigs XIV geltend; er nährte noch den stolzen, heftigen, unternehmenden
Geist dieser Epoche und schlug zuweilen den alten Ton an1). Er
war es hauptsächlich, der sich jenen Plänen einer weiteren Ausbrei-
tung der preußischen Macht am Rheinufer entgegengesetzt hatte.
Unter den Männern, die zugleich in dem Kriegsheer Bedeutung
hatten, und Gaben für die Verwaltung besaßen, erregte der Graf
von Belleisle die meiste Aufmerksamkeit. Man sagte von ihm, daß
er kein Hinderniß der Welt achte, wo er auf Ruhm hoffe, sei es für
sich oder für Frankreich, fand ihn stolz und verstellt. Das letzte kann
ich nach Einsicht einer großen Anzahl seiner Schriften nicht bestätigen,
aber wohl das erste; er zeigte sich gewandt, ehrgeizig, unermüdlich.
Er faßte die Lage der Politik noch von einer andern Seite, be-
sonders in Bezug auf Deutschland und das Haus Baiern.
In einem ausführlichen Gutachten 2) entwickelt er, daß es jetzt
endlich möglich sei, die österreichische Macht, welche bisher der fran-
1) Camas 21. Juli 1740: Ciest proprement T’oracle, et la longue
D"xperience, qu'il a dans les affaires étrangeres dont il u suivi le fll
depuis 22 ans fait qu'on à tonjours recours à lui, lorsqu’il s'agit de
duclque affaire importame. II a succedé à son pô#re dans cet emploi,
à travaillé sous lui des sa jeuncsse et ainsi a hörité de ses lumièrres ct
de ses mémoires.
2) Némoire sur I’etat present de IEurope par un ministre atiaché
aux véritables intéerets de la France. Als. des brinischen Museums, Samm-
lung Georgs III.