Politik von Frankreich; dessen Annäherung an Preußen. 383
zösischen im Wege gestanden, vollends herunterzubringen, ja nicht
allein möglich, sondern nothwendig.
Würde man zulassen, daß der Großherzog von Toskana zum
Kaiser gewählt werde, so würde dieser auch gar bald versuchen, sein
Erbland Lothringen wieder zu erobern, die spanische Linie des Hauses
Bourbon aus Neapel zu verjagen und die alte Allianz gegen Frank-
reich zu erneuern, die auch gegen den französisch-spanischen Handel
gerichtet sei. Man müsse sich erinnern, daß der Großherzog sein
Geschlecht von Carl dem Großen herleite, noch im Jahre 1711 sei
in einem gedruckten Buche der Rechte auf Frankreich gedacht worden,
die demselben daher entsprangen 1): auch auf Provence und Bretagne
erhebe er Ansprüche; sogar die eigene Erhaltung mache zur Pflicht,
ihn nicht zum Kaiser wählen zu lassen. Sei es aber so gefährlich,
daß das Haus Lothringen-Oesterreich zum Kaiserthum gelange, so sei
doch damit nur wenig erreicht, wenn man es jetzt davon ausschließe.
Durch den Besitz so vieler und so ansehnlicher Erblande würde es
im Stande sein, diese Würde in Zukunft nach Belieben zurück-
zunehmen. «
Und so schließt er, daß die Sicherheit von Frankreich beides
fordere, sowohl das Kaiserthum an ein anderes Haus zu bringen,
als auch die Erblande zu theilen.
Für die kaiserliche Krone nun scheint ihm kein anderes Haus so
geeignet, wie das baierische. Es hatte im Bunde mit Frankreich
bisher nichts als Gefahren, Verlust und Unglück davongetragen.
Man meinte ihm durch eine Beförderung zur kaiserlichen Krone seine
alte Anhänglichkeit zu erwiedern.
Um ferner die Theilung der österreichischen Lande ins Werk zu
setzen, hielt Belleisle den Abschluß einer großen Allianz für noth-
wendig; mit Spanien und mit Baiern nicht allein, sondern zugleich
mit Sardinien und Preußen; auch Schweden wollte er herbeiziehen;
über Sachsen drückt er sich zweifelhaft aus. Aus dieser großen Erb-
schaft bestimmte er die Niederlande sammt Luxemburg für Frankreich,
das Königreich Böhmen für Baiern, Schlesien für Preußen; Sardi-
nien und Spanien sollten sich in die oberitalienischen Länder theilen.
Was die Königin von Ungarn und ihren Gemahl anbetrifft, so
könne man ihnen Oesterreich und Ungarn lassen.
1) Er zielt auf das Buch von Hugo, das unter dem Titel Baleicourt:
Traité historique sur T’origine et la gönéalogie de la maison de Lor-
raine 1711 erschien und vom Parlamente verdammt wird.