Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Politik von Frankreich; dessen Annäherung an Preußen. 385 
Meinung Aller; man beschloß, den französischen Einfluß in dieser 
Sache gegen den Großherzog, und vielmehr zu Gunsten des Kur- 
fürsten von Baiern zu verwenden. 
Fragte man aber weiter, wie der Kurfürst befördert werden 
könne, so schien es auch hiefür nothwendig, daß sich Frankreich der 
Erbansprüche desselben an die österreichische Verlassenschaft annehme. 
Der Cardinal ließ sich die alten Verträge vorlegen, die mit Max 
Emanuel abgeschlossen worden, ohne Zweifel vornehmlich den Ver- 
sailler von 1701, den späteren, den man mit dessen Sohn Carl Al- 
bert eingegangen, und fand sie bindend für immer. Man verbarg 
sich in der Berathung nicht, daß man auf diese Weise mit dem 
Wortlaut der Garantie, die man dem Hause Oesterreich gegeben, in 
Widerspruch gerathe: aber man urtheilte, da die eine dieser Ver- 
sprechungen der andern zuwiderlaufe, so könne man nicht beiden zu- 
gleich nachkommen; wolle man aber neutral bleiben, so würde man 
Baiern nicht gewinnen und Oesterreich doch verlieren ). Und über- 
dies wie gesagt, man setzte jene Clausel voraus, die aller wesentlichen 
Verpflichtung überhob. 
Schon waren die Unterhandlungen mit Baiern im vollen Gange. 
Wir kennen sie nicht in ihren Einzelnheiten, aber so viel wir wissen, war 
es an demselben Tage, an welchem Borcke seine Eröffnungen in Wien 
machte, am 17. December, daß der französische Gesandte in München dem 
Kurfürsten die Zusage gab, der König von Frankreich wolle seine Ab- 
sicht auf den kaiserlichen Thron unterstützen, und auch sonst seine Rechte 
anerkennen. Von Anfang an ward der zwiefache Gesichtspunkt gefaßt, 
daß Baiern mit einer eigenen Macht im Felde zu erscheinen in Stand 
gesetzt, und mit französischen Hülfsvölkern unterstützt werden müsse. 
Hätte man in Wien davon eine Ahnung gehabt, man würde 
die preußischen Anträge wohl anders aufgenommen haben. Aber in 
einer Verblendung, die nicht einmal gutmüthig genannt zu werden 
verdient, — denn sie beruhte auf rechthaberischem Eigensinn und alten 
Antipathien, hielten Bartenstein und seine Freunde an ihrem falschen 
Zutrauen fest2). Sie glaubten viel für sich selbst auszurichten, wenn 
attribue au Gr Duc a été un des grands motifs, qui ont determiné cette 
cour à prendre des mesures pour empecher ce prince à monter sur le 
tröne imperial. 
1) So berichtet ein späteres Memoire von Belleisle, 20. Jan. 1743, mit 
der Absicht sich zu rechtfertigen geschrieben, doch in der Hauptsache zuverlöässig. 
2) Robinson 4. Jan. 1741. Bartenstein says, that this court (Vienna) 
has nothing to rely upon but France. The man is run French mad. 
v. Nanke's Werke XXVII. XXVII. 25
	        
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