Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

398 Achtes Buch. Drittes Capitel. 
wurf, wie man die dortige Grenze in ihrer gesammten Ausdehnung 
verwahren, zugleich die angefangenen Belagerungen ausführen und 
doch noch so viel Truppen zur Verfügung behalten könne, um dem 
Feind im offenen Felde zu begegnen. Es war und blieb ihm das 
Wahrscheinlichste, daß die österreichische Armee ihm gerade in seiner 
Front beizukommen suchen würde; habe er aber nur eine kleine Ver- 
stärkung von 4 bis 5 Bataillonen, und einigen Schwadronen Dra- 
goner, dann werde er im Stande sein, von seiner Stellung aus den 
Feind jenseit der Berge zurückzuhalten!). Welch ein Vortheil, wenn 
es mit den Belagerungen gelinge, und dann zugleich noch ein so 
großer Landstrich besetzt sei. Welch ein Selbstgefühl werde das der 
Armee geben! 
Wohl noch nicht gerade derselben Meinung, aber um wenigstens 
die Dinge in der Nähe zu sehen, ohnehin für Schwerins Ansichten 
empfänglich und ebenso thatendurstig wie dieser, machte sich Fried- 
rich mit Fußvolk und Reiterei wirklich nach Oberschlesien auf. Am 
30. März traf er mit Schwerin in Neustadt zusammen. Dieser wird 
hier wiederholt haben, was er in einem Briefe vom 8. sagt, man 
höre von keiner Bewegung des Feindes, ein eben eingetretener Schnee- 
fall mache es vollends unwahrscheinlich, daß er jetzt das Gebirge 
übersteigen wolle; der König, dem andere Nachrichten zugekommen 
waren, glaubte doch lieber dem Feldmarschall und ging mit ihm das 
Gebirge aufwärts nach Jägerndorf. 
Hier aber, gleich am nächsten Tage, mußte er erfahren, daß die 
Dinge doch ganz anders standen, als Schwerin meinte. 
Endlich nämlich hatte auch der Wiener Hof ein ansehnliches 
Heer zusammengebracht, das sich Mitte März am Fuße der mährischen 
Gebirge versammelte. Merkwürdig, wie die Rüstung Oesterreichs noch 
durch eine freiwillige Bewegung völterschaftlicher Elemente befördert 
wurde. In den Gebirgspässen stellten sich die mährischen Hannaken 
auf, vortreffliche Schützen, mit doppelten Teschenken und Pistolen be- 
waffnet; auch der Goralen finde ich gedacht, starker und schlanker 
1) Schwerin hatte 13 Bat. 15 Esc. Der König sollte nun noch mit 
13 Bat. 8 Esc. über die Neiße kommen. Von den 26 Bat. 23 Esc., die 
man alsdann habe, sollen 10 Bat. 3 Esc. die Belagerung von Neiße unter- 
stützen, Ziegenhols wieder occupiren; dann werde man noch immer 16 Bar. 
20 Esc. haben, um die ganze Grenze von Ratibor bis Jägerndorf zu decken. 
Von den übrigen Truppen sollen 8 Bat. 10 Esc. die böhmische Grenze, 4 
oder 5 Bat. 3 Esc. die glatzische decken, 4 Bat. 6 Esc. bei Brieg verwendet 
werden.
	        
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