400 Achtes Buch. Drittes Capitel.
ventionen gegen Preußen, über die man unterhandelte, konnte durch
nichts mehr befördert werden, als durch eine ernstliche kriegerische
Anstrengung. Ueberdies vernahm man, daß sich der König von
Preußen zur Belagerung von Neiße anschicke, das man unmöglich in
seine Hände fallen lassen durfte, wenn man jemals in Schlesien
eindringen wollte.
So ungünstig auch die Jahreszeit war, eben nach jenem Schnee-
fall, auf dessen Folgen Schwerin zählte, in den letzten Tagen des
Mänrz machte sich Neipperg von Sternberg her auf den Weg. Nach
seinen eigenen Angaben wird sein Heer auf 15,000 Mann berechnet.
Am 31. war er in Lichtenwerder, am 1. April in Hermbsdorf: am 3.
schickte er sich an, die Engen von Zuckmantel zu passiren. Die Fort-
schaffung des Gepäckes, der Kanonen und Pontons hatte eine un-
beschreibliche Schwierigkeit; überdies wußte man nicht, ob man nicht
eben hier auf die Preußen stoßen würde; um ihnen die Spitze bieten
zu können, ließ Neipperg den Zug durch sämmtliche Grenadiercom-
pagnien eröffnen. Er fand Zuckmantel zerstört, nicht besetzt; ohne
Hinderniß langte er am 4. jenseit des Passes — in Kunzendorf
— an 1).
Sehr auffallend ist es doch, daß Schwerin von einer so um-
fassenden Bewegung in seiner unmittelbarsten Nähe keine Nachricht
hatte, ja sie für unmöglich hielt. Einige davongegangene öster-
reichische Dragoner brachten die erste Kunde davon nach Jägerndorf.
Aber auch dem österreichischen Feldmarschall kam keine Ahnung bei,
daß der König von Preußen sich in diesen Gegenden aufhalte, sonst
hätte er, wie dieser selbst sagt, ihn in eine verzweifelte Lage ver-
setzen können. Wie oft ist dies überhaupt im Felde der Fall, daß
die Anführer, ohne deutliche Vorstellung von den Bewegungen des
Gegners agiren, wie im Halbdunkel tappend.
Aber hiebei waren diesmal die Oesterreicher in ungemeinem
Vortheil.
Während der König, die Gestalt der Dinge erst nach und nach
erkennend, alle Bataillons und Escadrons aus den oberen Gegenden,
sogar einige, die eben erst aus den niederen herbeikamen, um sich
sammelte, und nun, jedoch unaufhörlich von feindlichen Husaren be-
lästigt, nach den Uebergängen der Neiße herabzog, langte Neipperg
1) Vgl. die glaubwürdigen Berichte aus dem österreichischen Lager in
den Nouvelles d'’Amsterdam 25. April, welche die Notizen, die die öslerr.
milit. Zeitschrift mittheilt (Jahrg. 1827, Bd. 1, S. 293), ergänzen.