Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

408 Achtes Buch. Drittes Copitel. 
er dem König gerathen, und wirklich langte dieser noch vor Mitter- 
nacht mit einem kleinen Gefolge an den Thoren der Stadt an. 
Während der Zeit aber war dieselbe von einer Schwadron Baranyai 
überrascht und besetzt worden. Als einige Preußen erschienen und 
Einlaß forderten, überlegten die wachthabenden Husaren, während die 
Schlüssel herbeigeholt wurden, ob sie die Bitte gewähren, oder nicht 
lieber gufsitzen und sich der willkommenen Beute, ein jeder für 
sich, bemächtigen sollten. Zum Glück des Königs zogen sie das 
letztere vor, brachen aus, und begrüßten die Heranreitenden mit ein 
paar Schüssen. Adieu, meine Freunde, rief Friedrich, ich bin besser 
zu Pferde als ihr alle, und sprengte davon. Aber einige von den 
Offizieren, die ihn begleiteten, einer seiner Räthe, auch Maupertuis, 
der ihm gefolgt war, auf ihren müden Rossen wurden gefangen. 
Als der König gegen Morgen wieder nach Löwen kam, ließ er erst 
nachsehen, ob nicht vielleicht ein Husarentrupp auch hier eingedrungen 
sei. Er fand nicht allein den Ort rein von Feinden, sondern be- 
gegnete hier einem Adjutanten des Prinzen von Dessau, der ihm von 
dem erfochtenen Siege Meldung machte. Das Vergnügen darüber 
ward nun freilich von dem persönlichen Verdruß getrübt, in den 
Stunden der Entscheidung nicht dabei gewesen zu sein:; Friedrich 
sprach davon nicht weiter und so vermied denn auch seine Umgebung, 
davon zu sprechen 1); er eilte, eine unerhörte körperliche Anstrengung 
fortsetzend, nach Ohlau fort, um des Sieges froh zu werden und 
ihn zu befestigen. Das österreichische Heer hatte nicht eigentlich eine 
Niederlage erlitten: es hatte sich nur unfähig gezeigt, die Preußen 
zu schlagen, und das Schlachtfeld verloren. Aber schon darin lag 
eine große Entscheidung. Wie die Gemeinen es fühlten, die den 
Tag zuvor sich gerühmt, den naseweisen Schneekönig und seine Putz- 
soldaten zurückzujagen, aus ihrer Haut Riemen zu schneiden; und die 
nun sich vollkommen überwunden sahen. Den evangelischen Wirthen, 
in deren Quartier sie lagen, sagten sie wohl, euer Abgottt hat ge- 
siegt. Neipperg war genöthigt, sich gegen Neiße zurückzuziehen, an 
1) Deswegen sich die Sage des Ereignisses bemächtigte. Ich schöpfte 
aus einem Schreiben Robinsons (22. April), das aus einem Berichte von 
Baranyai und der frischen Erzählung von Maupertuis gezogen war. Mit 
der Erzählung Nicolai's, dessen Schwiegervater an dem Ritt Antheil gehabt, 
stimmt er im Ganzen überein, sowie mit Seegebart. Man berechnete in 
Wien, der König habe dann hin und her reitend 12 deutsche Meilen ge- 
macht. In einem Schreiben Friedrichs, 11. April, findet sich die Nachschrift: 
„in zwei Tagen habe weder gegessen noch getrunken noch geschlafen.“
	        
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