Haltung der Seemächte. 411
Widerstand zu leisten, konnte man ebenso wenig reden. War es
doch ruhig geblieben, als die Bourbonen sich Neapels und Siciliens
bemächtigten, die doch auch zu dem damals schon garantirten Länder-
complex gehörten. Bei dem König Georg II kamen noch Rücksichten
auf die deutschen Territorialverhältnisse hinzu; nach einigem Zögern
erklärte er sich auf die preußischen Eröffnungen ziemlich eingehend:;
„obgleich ihm die Forderung von Preußen viel zu groß vorkomme,
so wolle er doch seine guten Dienste in Wien anwenden, um dem-
selben Genugthuung zu verschaffen“). Der preußische Gesandte giebt
seinem Herrn am 28. Februar 1741 die besten Zusicherungen.
Wie sehr aber täuschte sich dieser, wenn er annahm, daß die
vorwaltende Richtung der Politik von England dem Unternehmen
Friedrichs günstig sei. Davon zwar, was die Streitschriften des Tages
mit so vielem Geräusch behaupten, daß auf der einen Seite das
Recht verletzt, auf der andern als solches um seiner selbst willen ver-
theidigt worden sei, kann man wohl, ohne unwahr zu werden, nicht
reden; die Sache ist: daß die englische Nation durch die größten eigenen
Interessen auf die Seite von Oesterreich getrieben ward. Die alte
Ueberzeugung, daß sie eines Verbündeten auf dem Continente be-
dürfe, erhob sich im Angesicht eines bevorstehenden Krieges gegen
Frankreich mit doppelter Stärke, und um keinen Preis wollte man
zulassen, daß Oesterreich etwa gar, was noch möglich schien, mit
Frankreich gemeinschaftliche Sache mache. Wie Rußland gegen die
Osmanen, so glaubte England gegen die Franzosen, besonders in
jenem Augemblicke, eines mächtigen und verbündeten Oesterreichs nicht
entbehren zu können.
Daher kam es, daß sich das Parlament noch vor der preußischen
Unternehmung mit großer Entschiedenheit für die Aufrechthaltung der
pragmatischen Sanction erklärte.
In denselben Tagen des Februar, in welchen der preußische
Gesandte Versicherungen erhielt, die ihm genügend schienen, gingen
dem Wiener Hofe viel bestimmtere Erklärungen zu, worin England.
anerkannte, daß es Pflichten gegen Oesterreich habe, die es gewissen-
haft zu erfüllen gedenke; wenn sich der König von Preußen nicht in
1) Georg II versprach durch Herrn von Steinberg, zu Erhaltung eines
gltlichen Vergleiches wegen des Anspruches an die in Schlesien gelegenen
Fürstenthümer die besten Oftäcia zu leisten, jedoch dergestalt,. daß das Haus
Oesterreich nach geschehener Befriedigung Sr Kön Wt in Preußen und allen-
salls mit Vorbehalt einer mößigen Convenienz für Chursachsen bei dem Besitz
seiner übrigen Lande zu erhalten geholfen werde.