Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Hallung der Scemächte. 413 
mächte. Wohl waren nicht alle einmüthig. Die Provinzen Seeland, 
Gröningen und Utrecht forderten, daß vor aller Beschlußnahme erst 
eine Unterhandlung mit Frankreich eröffnet, dessen Meinung authen- 
tisch erforscht werden sollte; aber Holland, welches den Ton angab, 
wollte davon nichts hören. Hier hatte die Invasion von Schlesien 
aus einem anderen Grunde besonders schlechten Eindruck gemacht. 
Die reichsten Kaufherren, Patricier von Amsterdam, in der Regierung. 
der Provinz und des Staates von Einfluß, waren bei einer Anleihe 
betheiligt, welche der österreichische Hof auf Schlesien hypothecirt hatte: 
es wurde als ein der Stadt und dem Lande geschehenes Unrecht 
empfunden, als der erste April vorüberging, ohne daß die Zinsen 
der schlesischen Obligationen gezahlt wurden; diese fielen an der Börse 
um 15 Proc. Dazu kam endlich das Beispiel von England. Man 
versichert, Georg II habe den einflußreichsten Regenten im voraus 
die Thronrede mitgetheilt, welche er halten werde, und nicht allein 
diese, sondern auch die als Antwort darauf von einem Anhänger des 
Hofes unter der Hand entworfene Adresse. Man fügt hinzu, der 
englische Gesandte habe die Nachricht von der Schlacht von Mollvitz, 
die er zuerst empfing, einen Tag verborgen gehalten, um keine Miß- 
stimmung bei der Beschlußnahme zu veranlassen. Wie dem auch sei, 
am 24. April, auf den Bericht der zur Conferenz mit den englischen 
Gesandten ernannten Commission, ward im Haag der Beschluß ge- 
faßt, einerseits in Gemeinschaft mit England den König von Preußen 
aufzufardern, seine Truppen aus Schlesien zurückzuziehen, andererseits 
aber der Königin von Ungarn Hülfeleistung zu versprechen 1). Man 
sagte zwar dem König von Preußen, dies Versprechen gewinne eine 
andere Gestalt durch die hinzugefügte Clausel: so weit es die Kräfte 
erlauben, aber dieser erwiederte, der Wiener Hof werde dies nicht 
achten, und die Republik bei ihrem Worte zu nehmen wissen. Er 
war über das Bezeigen der alten Verbündeten seines Hauses nicht 
wenig erbittert. 
Man würde die Seemächte mißverstehen, wenn man annähme, 
sie seien zum Kriege entschlossen gewesen: sie blieben immer dabei, 
daß sie eine Aussöhnung zwischen Oesterreich und Preußen versuchen 
wollten; aber was ließ sich davon erwarten, sobald sie Ler der Kö- 
nigin von Ungarn Hoffnung gaben, wenn es zu einer solchen nicht 
1) Quemadmodum post gloriosissimi imperatoris triste fatum testa- 
tum tecimus, sic eadem stat voluntas, promissa Cxequendi, duoad duidem 
vires ferent.
	        
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