Haltung von Rußland. 415
Vermittelung, aber hierin ganz gesinnt wie der englische Hof, ließ
er allenthalben erklären, daß Rußland seinen Verpflichtungen gegen
Oesterreich nachzukommen gedenke. Die braunschweigische Verwandt-
schaft, die einst zur näheren Vereinigung der drei nordischen Höfe
geschlossen war, erwies sich doch in Bezug auf Preußen sehr un-
wirksam. Anton Ulrich stand unter dem Einfluß der verwitweten
Kaiserin und ihrer Schwester, seiner Großmutter, zu Blankenburg:
im Gespräche hörte man ihn wohl die österreichischen Truppen die
unseren nennen. Die Königin von Preußen, seine Schwester, hat
einst die Feder ergriffen, um ihn zu gemäßigteren Gesinnungen auf-
zufordern: vielleicht das einzige Mal, daß sie in politischen Dingen
thätig gewesen ist; doch war es ohne Erfolg.
Und eine noch feindseligere Haltung nahm, durch diese Umstände
ermuthigt, der sächsische Hof.
Anfangs, wie berührt, empfand er eine nicht geringe Ver-
suchung, seine Ansprüche auf die Erbfolge geltend zu machen; Fried-
rich glaubte in demselben einen Verbündeten zu finden. Durch Graf
Finkenstein, welchen er eigens zu diesem Zweck nach Dresden schickte,
ließ er näher erläutern, wie er nicht daran denke, das Haus Oester-
reich zu unterdrücken, sondern nur zu seinen Rechten zu gelangen,
wie sich, wenn Sachsen mit ihm halten wolle, vieles Gute für beide
Häuser 1), das deutsche Reich und sogar das Haus Oesterreich selbst
ausrichten lasse. Man schien dort ganz geneigt, darauf einzugehen.
Der leitende Minister Graf Brühl erklärte oft, sein Herr wünsche
nichts Besseres, als eine Allianz mit Preußen. Das hinderte ihn
aber nicht, nach der Sitte der damaligen Höfe, zugleich eine ganz
entgegengesetzte Unterhandlung zu pflegen.
Die Vorstellungen der Grafen Wratislaw und Khevenhüller, die
am 5. Januär 1741 ihre Audienz hatten, die nahe Verwandtschaft
der Häuser, die geistlichen Rücksichten auf die dem Katholicismus in
einer sehr ansehnlichen Provinz (Schlesien) bevorstehenden Nachtheile
brachten um so mehr Eindruck hervor, da man auch österreichischer
Seits dem sächsischen Hofe auf die Erreichung eines feiner vornehmsten
Münsche einige Hoffnung machen konnte.
Dieser ging vor allem dahin, eine unmittelbare Verbindung
zwischen Polen und Sachsen zu gewinnen. Oesterreich meinte dies
jetzt gewähren zu können ohne eigenen Verlust. Aus dem Munde
1) Ungefähr wie Georg II es audeutet, S. 249, Note 2.