Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Haltung von Rußland. 415 
Vermittelung, aber hierin ganz gesinnt wie der englische Hof, ließ 
er allenthalben erklären, daß Rußland seinen Verpflichtungen gegen 
Oesterreich nachzukommen gedenke. Die braunschweigische Verwandt- 
schaft, die einst zur näheren Vereinigung der drei nordischen Höfe 
geschlossen war, erwies sich doch in Bezug auf Preußen sehr un- 
wirksam. Anton Ulrich stand unter dem Einfluß der verwitweten 
Kaiserin und ihrer Schwester, seiner Großmutter, zu Blankenburg: 
im Gespräche hörte man ihn wohl die österreichischen Truppen die 
unseren nennen. Die Königin von Preußen, seine Schwester, hat 
einst die Feder ergriffen, um ihn zu gemäßigteren Gesinnungen auf- 
zufordern: vielleicht das einzige Mal, daß sie in politischen Dingen 
thätig gewesen ist; doch war es ohne Erfolg. 
Und eine noch feindseligere Haltung nahm, durch diese Umstände 
ermuthigt, der sächsische Hof. 
Anfangs, wie berührt, empfand er eine nicht geringe Ver- 
suchung, seine Ansprüche auf die Erbfolge geltend zu machen; Fried- 
rich glaubte in demselben einen Verbündeten zu finden. Durch Graf 
Finkenstein, welchen er eigens zu diesem Zweck nach Dresden schickte, 
ließ er näher erläutern, wie er nicht daran denke, das Haus Oester- 
reich zu unterdrücken, sondern nur zu seinen Rechten zu gelangen, 
wie sich, wenn Sachsen mit ihm halten wolle, vieles Gute für beide 
Häuser 1), das deutsche Reich und sogar das Haus Oesterreich selbst 
ausrichten lasse. Man schien dort ganz geneigt, darauf einzugehen. 
Der leitende Minister Graf Brühl erklärte oft, sein Herr wünsche 
nichts Besseres, als eine Allianz mit Preußen. Das hinderte ihn 
aber nicht, nach der Sitte der damaligen Höfe, zugleich eine ganz 
entgegengesetzte Unterhandlung zu pflegen. 
Die Vorstellungen der Grafen Wratislaw und Khevenhüller, die 
am 5. Januär 1741 ihre Audienz hatten, die nahe Verwandtschaft 
der Häuser, die geistlichen Rücksichten auf die dem Katholicismus in 
einer sehr ansehnlichen Provinz (Schlesien) bevorstehenden Nachtheile 
brachten um so mehr Eindruck hervor, da man auch österreichischer 
Seits dem sächsischen Hofe auf die Erreichung eines feiner vornehmsten 
Münsche einige Hoffnung machen konnte. 
Dieser ging vor allem dahin, eine unmittelbare Verbindung 
zwischen Polen und Sachsen zu gewinnen. Oesterreich meinte dies 
jetzt gewähren zu können ohne eigenen Verlust. Aus dem Munde 
1) Ungefähr wie Georg II es audeutet, S. 249, Note 2.
	        
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