Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Unterhandlungen mit Frankreich. 427 
dabei. Die preußische Krone hatte insofern noch nicht die völlige 
Gleichheit mit der französischen erlangt, als die Franzosen fort- 
fuhren, in den diplomatischen Aktenstücken den Namen ihres Königs 
voranzustellen, und die Alternative nicht zuließen. Valori erklärte 
auch diesmal, er habe den bestimmten Befehl, hierin nicht nachzugeben. 
Der König von Preußen urtheilte, daß darum der Abschluß nicht 
aufgehalten, sondern dem Uebel durch eine Protestation abgeholfen 
werden möge. 
Hierauf bei einem Mittagsessen in der Wohnung Valori's zu 
Breslau, am 4. Juni, gab dies Podewils nach, mit einem scherzenden 
Wort, das er an seinen Wirth richtete. Ich finde nicht, daß man 
zu einer Protestation geschritten wäre, aber bei der Ratification haben 
die Franzosen die preußische Gefälligkeit durch die Annahme der 
Alternative erwidert 1). 
Der Tractat trägt das Datum des 5. Juni, er ist aber noch 
denselben Tag, Abends am 4., von den beiden Ministern unterzeichnet 
worden. Podewils hatte sein Exemplar wirklich von Anfang bis Ende 
mit eigener Hand geschrieben. Auf das rascheste zugleich und ge- 
heimste ward der Wille des Königs vollzogen. 
Schon öfter haben wir in der brandenburgisch-preußischen Ge- 
schichte Anwandlungen zu einer ähnlichen Politik bemerkt. 
Vor funfzig Jahren hatte sich der Kurfürst Friedrich Wil- 
helm, ebenfalls der schlesischen Verhältnisse halber, mit dem fran- 
zösischen Hofe zu verbinden gedacht, doch hatten ihn die Feindselig- 
keiten gegen die Protestanten, und die Gefahr, daß sich die Herrschaft 
Ludwigs XIV auch über England ausdehnen möchte, davon abgehalten, 
und er hatte sich jenes Abkommen über Schwiebus gefallen lassen. 
In dem Vertrage von Hannover, der vor sechszehn Jahren ge- 
schlossen ward, liegt ein verwandtes Moment, nur daß damals Eng- 
land zugleich auf französischer Seite stand, aber die Befürchtung, daß 
diese beiden Mächte das Haus Oesterreich stürzen, und dann im 
Reiche nach ihrem Belieben schalten und walten würden, hatte Fried= 
rich Wilhelm I vermocht, sich nach kurzer Zeit davon loszusagen. 
Wir haben der Versprechungen ausführlich gedacht, die damals ge- 
geben und hernach nicht erfüllt worden sind. 
1) Dahin muß die Behauptung Flassans, daß die Alternative bei diesem 
Vertrag zuerst beobachtet worden, erklärt werden. Es geschah nicht bei der 
Unterzeichnung, sondern bei der Ratification. Amelot sagt i in seinem Schreiben 
vom 18. Juni: Vous pouvez la (ratification) recevoir telle, quelle vous 
sera presentée.
	        
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