Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

436 Achtes Buch. Fünftes Capitel. 
gebogene Messer gesehen haben. Wie fühlte man dort so ganz die 
Bedeutung der Schlacht von Mollwitz: während derselben sind die 
Kinder auf den Straßen der Stadt auf die Kniee gefallen, um für 
den Sieg des Königs von Preußen zu beten, sonst werde es auch 
uͤber die armen Breslauer hergehen. Und nach der Schlacht nun 
hörte diese Gährung mit Nichten auf. Zwischen den beiden Parteien 
ist es wohl über ein Schmähwort, das gegen den König von Preußen 
ausgestoßen ward, auf dem Markte zu Thätlichkeiten gekommen. Jede 
ihm günstige Nachricht erregte bei den Evangelischen, jede ungünstige 
bei den Katholischen Frohlocken. Immer von acht zu vierzehn Tagen 
sahen die letzten der Ankunft des neippergischen Heeres entgegen; 
jeder herumstreifende Husarentrupp, der in die Nähe gelangte, erregte 
Hoffnung und Furcht; die Bürger behaupteten, es bestehe ein Com- 
plott, um bei der ersten Gelegenheit dem Feinde die Thore zu öffnen; 
mit ängstlicher Sorge trugen sie auf die Hinwegschaffung der Ge- 
fangenen vom Dom an, weil diese sich sonst sofort den Hereindrin- 
genden anschließen würden 1). 
Der König seinerseits war mit dem Magistrat unzufrieden, der 
ihm Geldzahlungen abschlug, zu denen man sich sonst allenthalben 
in der Provinz verstanden hatte, sich bei fremden Gesandten über ihn 
beschwerte. Und da nun Briefe in seine Hand fielen, die zwar keine 
förmliche Verschwörung bewiesen, aber ganz im österreichischen Sinne 
geschrieben waren, mancherlei Anzeigen von Anzettelungen feindseliger 
Absicht in einigen der vornehmsten Häuser bei ihm eingingen, so 
ward auch er von Verdacht und der Besorgniß einer ihm entgegen- 
gesetzten Bewegung ergriffen: gerade wie man in Wien und dem 
österreichischen Lager eine solche erwartete; er hielt es endlich für eine 
militärische Nothwendigkeit, den Feinden zuvorzukommen und sich 
Breslaus vollständiger zu bemächtigen ). 
1) Steinberger, aus dessen Tagebuch diese Notizen großentheils stammen, 
fügt binzu, man habe die Weiber ertappt, welche Victnalien in ihren Körben 
zu haben behaupteten, aber Kugeln und Pulver trugen. Gutzmar habe an 
Neipperg einen Brief geschrieben, daß die österreichischen Truppen sich zur 
Nachtzeit nähern sollten: der König habe ihn gefragt, ob er den Brief kenne: 
Gutzmar habe um Gnade gebeten und die Schuld auf „einige eyfferige Per- 
sonen“ geschoben. 
Seegebart: Sie hofften einige tausend Mann feindlicher Truppen zur 
Besatzung zu nehmen; der Theil der Bürgerschaft, so preußisch gewesen, habe 
dem König es eröffnet und gebeten das Prävenire zu spielen. 
2) Der König sagt in einem Schreiben an Schwerin: „Und bin ich ver-
	        
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