Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

456 Achtes Buch. Siebentes Capitel. 
können, daß dieser Fürst zu seiner neuen Allianz fast wider Willen 
gezwungen worden sei. Er sagte nur in dem ritterlichen Tone, der 
ihm in diesem Lebensalter eigen war: dann bleibe nichts übrig, als 
mit dem Schwert in der Hand unterzugehen. 
Denn daran konnte kein Zweifel obwalten, daß der gefährlichste 
Kampf bevorstand, den Oesterreich jemals ausgehalten hatte. 
Auf eine dringende Anfrage des österreichischen Gesandten gab. 
endlich Cardinal Fleury die auf seine Art unumwundene Antwort: 
er fordere Gerechtigkeit für seine Freunde und Verbündete. Man 
erkannte, daß er damit Spanien, Baiern, vielleicht auch Sachsen meine, 
daß alle diese unter französischer Führung ihre Kräfte zu einem Anfall 
auf Oesterreich vereinigen würden. 
Gegen einen solchen aber hatte Oesterreich nichts einzusetzen. Die 
einzige Armee, die es besaß, wurde von dem König von Preußen be- 
drängt. Es war noch nichts geschehen, um die Provinzen wehrhaft 
zu machen oder sich auch nur ihrer Ergebenheit zu versichern. Der 
Reichstag von Ungarn, der in diesem Augenblick in Presburg 1) bei- 
sammen war, und bei dem die Königin selber erschien, trat mit An- 
sprüchen auf, welche ein früherer Regent schwerlich bewilligt haben 
würde. Einen Verbündeten, der das Schwert hätte ziehen wollen, 
besaß man nicht. Der mit dem Hofe vertraute braunschweigische Ge- 
sandte :) weiß nicht auszusprechen, „mit welchen kummervollen Ge- 
danken man sich geschlagen habe“; jetzt endlich werde vielen, welche 
vor ein paar Monaten nichts davon hören wollen, einleuchtend, daß 
nur der Friede in Schlesien helfen könne. 
Dahin trieb auch die einzige Macht, die noch einigen Rückhalt 
darbot, England. 
König Georg II, der soeben den Tractat über die von dem 
Parlament bewilligten Subsidien abschloß, ließ dabei erklären, er hoffe 
1) Vgl. Bartenstein, Aufzeichnungen, S. 175. Der Königin könne un- 
möglich der betrübte Tag nach dem Fest der heiligen Katharina entfallen sein 
und die im Hause des Primas in ihrer Gegenwart abgehaltene Conferenz, in. 
welcher man vorgestellt habe, das Land ob der Enns, ganz Schlesien und 
Mähren, außer Brlinn, ganz Böhmen, außer eines kleinen Bezirks, und ein 
Theil des hiesigen Viertels Obermannshartsberg wären in feindlicher Gewalt, 
die Vorlande abgeschnitten, und es hieß, daß man weder Truppen, noch Geld, 
noch Proviant hätte, um den Krieg mit zu hoffen mögenden besserm Fortgang. 
führen zu können, mithin kein Mittel, den Ueberrest zu retlen, vorhanden wäre, 
als den Frieden nach dem Stand, wie die Sachen liegen, oder dem utsi possi- 
detis, wenn es möglich, zu schließen. . 
2) Bon Moll: „Es ist ein Unglück hier, daß man eine Sache nicht 
glaubet, bis man sie sithet.“
	        
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