Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

462 Achtes Buch. Siebentes Capitel. 
berg über Goldberg dergestalt nach der Oder, daß Liegnitz und Parch- 
witz österreichisch geblieben wären, und durchschnitt weiterhin Wohlau, 
welches getheilt werden sollte. Robinson bemerkte sogleich, daß damit 
nichts auszurichten sein werde; auf diese Weise werde nicht einmal 
ganz Jauer und nur ein Theil von Liegnitz und Wohlau an Preußen 
kommen, von Breslau und Brieg, die der König ebenfalls fordere, 
gar nichts; man antwortete ihm, Oberschlesien begreife eigentlich das 
ganze rechte Ufer der Oder; durch die Zugeständnisse, die man auf 
dieser Seite mache, werde ergänzt, was an Niederschlesien noch fehle, 
Auf eine Gegenbemerkung Robinsons sagte man ihm, die Königin 
lasse sich vielleicht noch bewegen, ganz Wohlau zuzugestehen, aber 
durchaus nicht mehr; sie sei eben so entschlossen als der König von 
Preußen; solle ihr Haus einmal zu Grunde gerichtet werden, so liege 
nichts daran, ob es durch Baiern oder durch Preußen geschehe. 
Wie seltsam aber ging es diesem Diplomaten! Am Wiener Hofe 
arbeitete er mit einem Eifer, der gar nicht größer hätte sein können, 
für ein Abkommen mit Preußen, für die Abtretung ansehnlicher Pro- 
vinzen an diese Macht. Wenn er dann bei Friedrich II erschien, nahm 
er eine solche Haltung an, daß es dem König vorkam, als habe er 
einen Enthusiasten für Oesterreich, einen der eifrigsten Verfechter der 
Interessen der Königin von Ungarn vor sich. Die Sache ist: Ro- 
binson, der vor allem den eigenen englischen Gesichtspunkt, die beiden 
deutschen Mächte zu vereinigen, festhielt, glaubte zugleich die Dienste. 
welche England der einen durch seine Subsidien, der andern durch die 
Beförderung ihrer Ansprüche leiste, geltend machen zu dürfen. Er 
ward mit seinen Vorschlägen dringend bis zum Unbequemen. Wenn 
man ihm das in Wien durchgehen ließ, so war Friedrich II nicht ge- 
sonnen, es zu gestatten. Robinson brachte ihm Anträge mit, die kurz 
zuvor sehr erwünscht gewesen wären, zu denen es ohne sein Zuthun 
wahrscheinlich nicht gekommen wäre: der König, sonst für jedermann 
zugänglich, vermied ihn auch nur zu sehen. 
Freilich enthielten diese Anträge, wie ihm Podewils hinterbrachte, 
der mit Robinson unterhandelte und seine Karte zu Gesicht bekam, 
schon in territorialer Beziehung noch lange nicht, was er nunmehr 
verlangte; überdies machte die Königin eine Gegenforderung, welche 
er auf keine Weise annehmen konnte. Gleich als stehe noch alles wie 
bei dem ersten Vorrücken der Preußen in Schlesien, sprach sie das 
Begehren aus, daß e# mit ihr gemeinschaftliche Sache machen und 
ihr unverzüglich mit 10000 Mann gegen Frankreich zu Hilfe 
kommen solle.
	        
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