Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Unterhandlungen bis zur Berabredung von Kleinschnellendorf. 467 
Brandenburgs, die jetzt unter den vorliegenden besonderen Umständen 
bei Friedrich zur Erscheinung kommen. Sein Ziel war nicht etwa Oester- 
reich zu Grunde zu richten, sondern Brandenburg neben ihm zu einer 
selbständigen Macht zu erheben. In diesem Augenblick zeigte sich die 
Hoffnung, was durch Erwägung nicht zu erlangen gewesen war, durch 
die Entwickelung der Gefahr zu erreichen; und zwar in dem Umfang, 
den die allgemeine Lage an die Hand gab. 
König Friedrich war im Kriege mit Oesterreich, misvergnügt mit 
Recht oder mit Unrecht über Hannover; aber ein so schlechter Deutscher 
war er nicht, um das eine oder das andere den Franzosen aufopfern 
zu wollen, zumal er selber ihre Uebermacht zunächst zu fühlen bekommen 
hätte. Wie unverzeihlich, ruft er aus, wäre es gewesen, das Joch von 
Oesterreich zu brechen und sich dafür französische Ketten zu schmieden. 
Indem dies in dem König vorging, die innere Verbindung mit 
den Mächten, denen er die Spitze bot, ihm ins Bewußtsein kam, drang 
endlich auch am Hofe der Königin von Ungarn die Ueberzeugung 
durch, daß sie kein Heil zu hoffen habe, als wenn sie auf die preu- 
ßischen Forderungen eingehe. 
In der ersten Conferenz, die nach Robinsons Rückkehr gehalten 
ward und an welcher die Königin selbst Antheil nahm, kam es auf 
den Bericht, den der Gesandte ehrlich, wie er sagt, freimüthig und 
ausführlich erstattete, zu dem Beschluß, Niederschlesien bis an die 
Neiße sammt Breslau dem König zu überlassen. Noch hegte man jedoch 
die Hoffnung, daß der König durch dieses große Zugeständniß bewogen 
werden könne, der Königin mit seinem Heer zu Hülfe zu kommen. 
Durch Lord Hyndford, der sich jetzt zu dem Marschall Neipperg 
begeben hatte und von hier aus mit dem Adjutanten des Königs, 
Oberst Golz, unterhandelte, ward dieser Antrag an Friedrich gebracht: 
der verwarf ihn, wie man denken kann, aufs neue. Sollte er aber 
in der That alle Annäherung auch jetzt noch ablehnen? Sollte er 
das einzige Heer, das sich den Plänen der Franzosen entgegensetzen 
konnte, hier am Orte festhalten und Oesterreich, das nur wenig andere 
Truppen besaß, zu Grunde gehen lassen? So vollkommen zurück- 
weisend waren doch die Antworten, die Hyndford aus dem preußischen 
Lager mittheilte, bei weitem nicht mehr wie früher. Sie enthielten 
besonders, daß der König von Preußen die Festung Neiße, jenseit 
dieses Flusses forderte, von sich selbst aber nichts als die Neutralität 
versprechen könne. 
Von Wien aus hatte man noch einige Versuche bei den Fran- 
zosen gemacht. Ein Mitglied der Staatskanzlei hatte sich an Belleisle 
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