Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Unterhandlungen bis zur Verabredung von Kleinschnellendorf. 469 
Hier nun, in dem Lager bei Friedland, erhielt er neue Nach- 
richten von Hyndford. Die Königin habe sich endlich entschlossen, auch 
Neiße, was sie bisher noch immer zurückhalten wollte, aufzugeben; 
dagegen werde von dem König nichts als eine mündliche Zusicherung 
gefordert, daß er die Königin nicht weiter angreifen wolle. Daß die 
Bewegung Friedrichs zu diesem Entschluß beigetragen hatte, leidet 
keinen Zweifel. Den Tag nach dem Uebergang hatte der Courier 
Neippergs Neiße verlassen, in der Nacht vom 4. bis 5. October kam 
er dahin zurück; er ist in Presburg gewesen, als gerade sehr schlimme 
Berichte von der die Hauptstadt Wien bedrohenden Gefahr einliefen. 
Neipperg, der schon einmal mit Goltz in dem Garten der Capuziner 
bei Neiße zusammengekommen war, wünschte nichts mehr, als nun 
auch den König selber zu sprechen, denn in einer Viertelstunde komme 
man durch mündliche Erklärungen weiter, als schriftlich in einer Woche. 
Aus den wenigen, undatirten, da sich die Absichten oft anders 
modificirten, nicht recht verständlichen Ueberresten der damals ge- 
wechselten Briefe und Billets ergiebt sich, daß sowohl Goltz als Eichel 
eine Vereinbarung dringend wünschten. Podewils war entfernt und 
nicht in das Geheimniß gezogen. 
Dem König flößte der Antrag, der ihm geschah, noch immer 
nichts weniger als Zutrauen ein. Die Vorschläge waren allerdings 
so vortheilhaft und trafen mit dem Bedürfniß des Augenblicks so 
vollkommen zusammen, daß er sie nicht von sich weisen mochte; wie 
aber, wenn die Annahme derselben seinen Verbündeten bekannt wurde? 
mußte er nicht die widerwärtigsten Zerwürfnisse, eine völlige Isolirung 
fürchten? Er nahm die Zusammenkunft an, die in einem starhem- 
bergischen Schloß in der Mitte der beiden Heere, zu Kleinschnellen- 
dorf, stattfinden sollte; aber je mehr er nachdachte, desto mehr schien 
ihm, als gehe die Absicht der Oesterreicher nur dahin, durch die Be- 
kanntmachung der zu schließenden Convention den Bund zu zersprengen, 
der ihnen so gefährlich war. Es kam ihm unglaublich vor, daß sie 
sich ganz ehrlicherweise auf eine mündliche Erklärung allein, ohne ein 
geschriebenes Wort von ihm oder von einem seiner Minister zu haben, 
zu einer Abtretung von diesem Umfang verstehen würden. Es darauf 
zu wagen, sich allen den nachtheiligen Folgen, die hieraus entspringen 
konnten, auszusetzen, war er nicht gesonnen. Wenn er Oesterreich der 
Uebermacht der Franzosen nicht zu überlassen dachte, so wollte er sich 
pris de cette manceuv#re se campa à Oppersdorf; je me portois sur Fried-- 
land, et les Autrichiens marchoient sur Steinau.
	        
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