Verabredung von Kleinschnellendorf. 471
Der König forderte vor allem, sowohl für die gegenwärtigen
als die noch folgenden Unterhandlungen, das tiefste Geheimniß; wo
nicht, so lönne er der Königin keinen Dienst mehr leisten, und er er-
kläre, daß er alsdann an diesen Vertrag nicht gebunden sein, ja daß
er ihn ableugnen wolle. Der letzte Artikel des Protocolls setzt dies
unverbrüchliche Geheimniß ausdrücklich fest; Hyndford, Lentulus und
Neipperg machten sich bei ihrem Ehrenwort dazu anheischig.
Bei der Unterredung hat man nicht so sehr die einzelnen Punkte
erörtert, als die allgemeine Lage der Dinge. Dem König war es
sehr angenehm, die persönliche Bekanntschaft Neippergs zu machen,
der ihm große Achtung abgewonnen hatte. Er sprach mit ihm viel
von dem letzten Feldzug, und hat manches von dem, was ihm der
Marschall sagte, in seinen Denkwürdigkeiten aufgenommen.
Betrachten wir die Verabredung von Kleinschnellendorf nur in
dem Lichte des Augenblicks, so war ihr wesentlicher Inhalt, daß der
König Neiße besetzen und seine Winterquartiere in Oberschlesien so
wie in Böhmen nehmen, dagegen Neipperg mit seiner Armee, unauf-
gehalten und unverfolgt, sich über das Gebirge nach Mähren be-
geben durfte.
Wenn man bedenkt, daß der König Niederschlesien schon inne
hatte, wie er denn gleich darauf die Erblandeshuldigung in Breslau
ohne Widerrede annahm, daß er nur eben noch Neiße gewann, Neip-
perg aber das österreichische Kriegsheer zum Widerstand gegen die
Franzosen fähig machte, so leuchtet ein, daß der militärische Vortheil
auf österreichischer Seite wenigstens nicht geringer war als auf der
preußischen.
Das aber könnte Niemand sagen, daß damit ein haltbares Ein-
verständniß zu Stande gebracht worden sei.
Die große Frage, wie man sich zu beiden Seiten die Entschei-
dung der Erbfolgesache überhaupt denke, war noch gar nicht berührt.
Wenn Friedrich Oesterreich nicht unter die Macht von Frankreich wollte
gerathen lassen, so hatte er damit noch nicht zugesagt, gegen Baiern
oder gegen Sachsen Partei zu ergreifen. Die Verzichtleistung auf
Niederschlesien selbst war noch auf keine bindende Weise ausgesprochen;
sie war nur für den Friedensvertrag verheißen, den man gegen Ende
des Jahres zu Stande zu bringen hoffe. Zu diesem aber kam es
nicht. Oberst Goltz forderte den Lord Hyndford dringend auf, an
denselben Hand anzulegen; man solle nicht etwa die letzten Tage des
Jahres erwarten, um den Frieden zu Stande zu bringen; lieber heute
als morgen müsse man ihn abschließen; das Wort für die Königin