Wollte man die Ereignisse in die Elemente zerlegen, die ihren
Erfolg hervorgebracht haben, so müßte man die Eroberung von Schle-
sien allerdings zunächst der Kriegsbereitschaft und Waffenübung des
preußischen Heeres und der religiösen Stimmung des größten Theiles
der Einwohner zuschreiben. Wenn sich anderen Invasionen provin-
zieller Widerstand entgegengesetzt hatte, so erschien ein solcher hier
entweder gar nicht oder doch in unkräftigen Regungen.
Von unendlicher Wirksamkeit waren nun aber außerdem die
großen Verhältnisse des europäischen Staatensystems.
Bei den ersten Berathungen von Rheinsberg hatten Podewils
und Schwerin zwei Wege bezeichnet, zwischen denen man wählen
könnte: die Erneuerung der alten Allianz, oder die Verbindung mit
Frankreich.
Wie ganz anders wäre alles geworden, wenn man, unter welchen
näheren Bestimmungen auch immer, auf dem ersten Wege hätte zum
Ziele gelangen können; aber wir haben ausgeführt, daß es damit voll-
kommen mißlang, daß am Wiener Hof die Entrüstung über die er-
littene Invasion, der Wunsch, sich zu vertheidigen, von dem man
sagen muß, daß er zugleich eine Pflicht war, alle anderen Rücksichten
überwog, Anfangs selbst die Unterhandlung, dann wenigstens jedes
Zugeständniß unmöglich machte; — daß ferner die Mitglieder der
alten Allianz, wiewohl sie der Königin von Ungarn nicht mit allen
ihren Kräften zu Hülfe kamen, dennoch ihren moralischen Beistand ihr
liehen; ihre zweideutige Vermittelung konnte keinen Erfolg haben.
Das leuchtet ein: Friedrich hätte nie etwas erreicht, hätte nicht
Frankreich zu den Waffen gegriffen. Es steht dahin, wie viel dies
ausgerichtet hätte, wenn Preußen nicht schon im Felde stand. Die
Verbindung von beiden zeigte sich unwiderstehlich. Erst die ernste Be-
sorgniß für das Bestehen des europäischen Systems, die daher ent-