Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Wollte man die Ereignisse in die Elemente zerlegen, die ihren 
Erfolg hervorgebracht haben, so müßte man die Eroberung von Schle- 
sien allerdings zunächst der Kriegsbereitschaft und Waffenübung des 
preußischen Heeres und der religiösen Stimmung des größten Theiles 
der Einwohner zuschreiben. Wenn sich anderen Invasionen provin- 
zieller Widerstand entgegengesetzt hatte, so erschien ein solcher hier 
entweder gar nicht oder doch in unkräftigen Regungen. 
Von unendlicher Wirksamkeit waren nun aber außerdem die 
großen Verhältnisse des europäischen Staatensystems. 
Bei den ersten Berathungen von Rheinsberg hatten Podewils 
und Schwerin zwei Wege bezeichnet, zwischen denen man wählen 
könnte: die Erneuerung der alten Allianz, oder die Verbindung mit 
Frankreich. 
Wie ganz anders wäre alles geworden, wenn man, unter welchen 
näheren Bestimmungen auch immer, auf dem ersten Wege hätte zum 
Ziele gelangen können; aber wir haben ausgeführt, daß es damit voll- 
kommen mißlang, daß am Wiener Hof die Entrüstung über die er- 
littene Invasion, der Wunsch, sich zu vertheidigen, von dem man 
sagen muß, daß er zugleich eine Pflicht war, alle anderen Rücksichten 
überwog, Anfangs selbst die Unterhandlung, dann wenigstens jedes 
Zugeständniß unmöglich machte; — daß ferner die Mitglieder der 
alten Allianz, wiewohl sie der Königin von Ungarn nicht mit allen 
ihren Kräften zu Hülfe kamen, dennoch ihren moralischen Beistand ihr 
liehen; ihre zweideutige Vermittelung konnte keinen Erfolg haben. 
Das leuchtet ein: Friedrich hätte nie etwas erreicht, hätte nicht 
Frankreich zu den Waffen gegriffen. Es steht dahin, wie viel dies 
ausgerichtet hätte, wenn Preußen nicht schon im Felde stand. Die 
Verbindung von beiden zeigte sich unwiderstehlich. Erst die ernste Be- 
sorgniß für das Bestehen des europäischen Systems, die daher ent-
	        
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