482 Neuntes Buch. Erstes Capitel.
jener Satzung des Königs Andreas. Dabei war das Donativ, das
sie bewilligten, keineswegs ein sehr freigebiges; die Herrschaft über
ihre Bauern waren sie gesonnen ausschließend festzuhalten 1).
Maria Theresia suchte diese Ansprüche entweder zu vermeiden
oder zu ermäßigen; aber wie oft sind ihre Antworten mit Murren,
ja mit Lachen empfangen worden, man hat ihr satirische Blätter in
die Hand gebracht, in denen des Widerspruches zwischen ihren Ver-
sprechungen und Handlungen gespottet wurde; an der zweiten Tafel
bildete sich eine systematische Opposition aus, an deren Spitze einige
furchtlose und der alten Rechte kundige Männer standen, auf die kein
persönlicher Einfluß ausgeübt werden konnte.
Das war in denselben Tagen, als Baiern und Franzosen in
Oesterreich vordrangen und Wien gegen sie befestigt wurde. Das
Ministerium war rathlos und entzweit; die älteren Mitglieder mach-
ten den jüngeren ihre unbedachten Rathschläge, diese jenen ihren
Mangel an Entschlossenheit zum Vorwurf: ein jeder fühlte sich per-
sönlich gekränkt, verstimmt über sich selbst, beängstigt; wer sie früher
gekannt hatte und jetzt nach Presburg kam, erstaunte, wenn er den
Verfall ihrer Gesichtszüge und ihrer Erscheinung bemerkte.
In der That, das ganze System, das bisher verfolgt worden, war
am Ende und mußte aufgegeben werden; dem Abkommen mit Preußen
zur Seite mußten noch andere Maßregeln, die nicht viel weniger auf
sich hatten, in Bezug auf Ungarn ergriffen werden. „Ich bin eine
arme Königin“, hat Maria Theresia eines Tages gesagt, „aber ich
habe das Herz eines Königs.“ Sie bezwang sich nicht allein, um
mitten in der Noth ungebeugt und standhaft zu erscheinen, sie hatte
auch den geistigen Muth, die Bahn ihrer Altvordern zu verlassen und
wie nach außen so nach innen eine andere Politik zu versuchen.
Da es nun einmal unmöglich war, die Ungarn zu regieren, wie
es bisher geschehen, mit einer die Nation zugleich niederdrückenden
und durch Mißtrauen und Halbheit in steter Aufregung erhaltenden
Gewalt, so faßte die Königin den Entschluß, ihnen zu bewilligen, was
sie verlangten, und besonders in der Einen Sache, auf welche es ihnen
ankam, ein vollkommenes Vertrauen zu beweisen.
Bisher hatte die österreichische Regierung, in Erinnerung an
widrige Begebenheiten der früheren Zeit, noch immer Bedenken ge-
tragen, den Ungarn die Waffen in die Hände zu geben; eben dies
) Instantia regnicolaris, und puncta et articoli sacrum regium di-
ploma attinentes, bei Schwandiner Scriptt. R. Vug. II, 585.