Pragmatische Sanction. 43
Spanier nachgegeben hat. Großes Bedenken erregt der berührte Vor-
behalt. Die Vermählung der ältesten Erzherzogin ist nur dann un-
zweifelhaft, wenn der Kaiser vorher stirbt, ehe sie zu reifen Jahren
gelangt; unbedingt ist allein die Vermählung zweier Erzherzoginnen
(noch lebten ihrer drei) in das spanische Haus. Aus den Aeußerungen
Eugens sollte man schließen, dem Hofe habe eigentlich nur an der
Garantie der pragmatischen Sanction gelegen; wenigstens war dies
der Sinn der Partei, der er angehörte. Anders aber war diese Garantie
nicht zu erlangen, als wenn man der Königin von Spanien große
und glänzende Aussichten eröffnete. Der Vertrag, wie er zu Stande
kam, gewährte nicht. Alles, was sie wünschte, und bot doch für Oester-
reich unendliche Vortheile dar. Ganz Italien staunte, daß zwar die
Investitur des Infanten Don Carlos mit Parma und Toscana darin
bestätigt wurde, aber auf der Grundlage der Rechte des Reiches und
ohne Erwähnung der daselbst einzuführenden Garnisonen; man ur-
theilte, der Kaiser habe nie einen vortbeilhaftern Vertrag geschlossen.
In Hoffnung auf die künftige Vermählung ihres Sohnes mit der Erbin
der österreichischen Landschaften hatte die Königin ihre alten Anfor-
derungen fallen lassen. Und auf der Stelle gelangte nun die öster-
reichische Politik zu einem vorherrschenden Einfluß in Spanien. Der
kaiserliche Gesandte Graf Königseck entschied die wichtigsten Angelegen-
heiten in Spanien nicht ohne Rücksprache mit seinem Hofe, dessen
Urtheil als ein Orakel erwartet wurde 1). Ansehnliche Geldsummen
sind wirklich von Spanien an Oesterreich gezahlt worden; hiedurch er-
muthigt und gekräftigt zeigte der Wiener Hof wieder mehr Energie
in seiner Haltung.
Nun versteht es sich wohl, daß schon die Annäherung der beiden
bisher feindlichen Mächte und ihr Friedensschluß, noch mehr einzelne
der von ihnen getroffenen Verabredungen, welche bekannt wurden, am
meisten aber die Tendenz, die man errieth, noch ehe sie sich vollständig
entwickelt hatte, eine allgemeine Bewegung in Europa erregen mußte.
Frankreich faßte die österreichische Succession ebenso wohl ins
Auge, wie einst die spanische, und wollte keine einseitige Festsetzung
darüber dulden, am wenigsten eine solche, von der es feindselig be-
1) Vgl. Relation des Nicolo Erizzo von 1730: Imperatorc ha eser-
citato per qduello sia gl’affari politici una oguale autoritä in Spagna di
duello facesse nel proprio dominio; prima di prender qual si sia de-
liberatione attendevra POracolo della Corte di Vienne. Das aus Spanien
nach Wien Ubersandte Geld giebt Erizzo auf 4 Mill. Sceudi an.