Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

486 Neuntes Buch. Erstes Capitel. 
Schon kam es weniger darauf an, die Belagerung von Prag zu 
unternehmen, die, wenn sie nicht sofort gelang, sogar verderblich wer- 
den konnte, als Oberösterreich und die in Besitz genommenen Kreise 
von Böhmen zu befestigen. Von jeher war die Gebirgslandschaft an 
der oberen Moldau, wo die drei Lande Oesterreich, Böhmen und 
Baiern mit einander grenzen, zunächst unter dem Kamme des Böhmer- 
waldes, von großer Wichtigkeit für die gegenseitigen Verhältnisse der- 
selben gewesen. Hier hatte einer der geistvollsten Männer, die in 
Böhmen jemals regiert haben, Przemysl Ottokar II Budweis zur Vor- 
mauer gegen die beiden andern damals verbundenen Landschaften er- 
richtet, und diese Stadt war jetzt ohne Widerstand in die Hände Carl 
Alberts gefallen. Man muß diesem Fürsten die Gerechtigkeit wider- 
fahren lassen, zu bemerken, daß ihm die eingetretene Veränderung 
nicht entging; da die Oesterreicher den größten Theil ihrer Kräfte 
eben in der Nähe, an der mährisch-böhmischen Grenze, versammelten, 
so faßte er die Absicht, die bei Pilsen angelangten Truppentheile an 
sich zu ziehen und mit ihnen vereinigt den großen strategischen Vor- 
theil zu behaupten, den er gewonnen hatte. In diesem Sinne erließ 
er einen Befehl an diese Armee. 
Wie unglücklich ist aber ein kriegführender Fürst, der nicht mit 
eigenen Kräften zu handeln vermag! Carl Albert war durch ein 
Diplom Ludwigs XV, wie berührt, mit dem Oberbefehl über die ge- 
sammten Truppen betraut. So emnstlich aber, wie er dachte, war 
dies nicht gemeint gewesen. 
Als die Ordre des Oberbefehlshabers eintraf, hielten sich die 
Generale, die jene Abtheilung anführten, für berechtigt, erst zu über- 
legen, ob sie ihr auch zu gehorchen hätten; die vornehmsten von ihnen 
gaben Gutachten, dann ward ein zahlreich besuchter Kriegsrath ge- 
halten 1). Sollten sie aber den Angriff auf Prag aufgeben, dessen 
1) Lettre du Cte Clermont-Tonnerre au Marquis de Breteuil du camp 
de Beraun le 13 Nov. 1741. Campagnes de Iss. les Maréchaux de 
Broglie et de Belle- isle, eine Sammlung der zwischen den Generalen und 
dem Kriegsministerium gewechselten Briefe. „Jamais Généraux d'armée ne 
se sont trouvés dans les cas on nous avons &té le 10 et le 11 de ce 
mois: c'est de désobeir tout d'une voix aux ordres reiterés de I’Electeur 
de Bavière mais cette desobéissance sera cause de L’execution des pro- 
jets du roi — — — Comme nous étions pour marcher sur Schebrak n 
une journée d'ici le 10 de ce mois il nous est venu un courrier de 
I Electeur avec ordre de le venir joindre en toute diligence. P'ordre 
Stoit si pressant, qu'il fut ordonné de mettre notre infanterie sur des 
chariots.“ — — — Hierauf Consultation und Kriesrath. — „Nous-primes
	        
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