Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Franzosen und Baiern in Böhmen. 487 
Erfolg sie für unfehlbar hielten, um einen peinlichen Marsch im An- 
gesicht eines nahen Feindes auszuführen? Dies hätte sogar mit dem 
von Versailles erhaltenen Auftrag in Widerspruch gestanden; die Er- 
oberung von Prag war das vornehmste Ziel jener großen Kriegspläne, 
welche Fleury in seinem Cabinet entworfen hatte. Sie beschlossen, 
dem Oberbefehlshaber nicht zu gehorchen, und luden ihn vielmehr ein, 
seinen Weg fortzusetzen wie sie, an dem Angriff auf Prag mit ihnen 
Theil zu nehmen. Carl Albert war ein Mann von Fähigkeit und 
Verstand, aber er liebte berathen zu werden; Charakterstärke besaß er 
nicht; auch hätte er in seiner Stellung kaum die Kraft entwickeln 
können, die dazu gehörte, um einem Beschluß der ihm beigegebenen 
Generale Widerstand zu leisten. Am 21. November vereinigte er sich 
zu Horzelitz mit eben denen, die seinen Befehlen zu gehorchen ver- 
schmäht. Er hielt sich wenigstens versichert, daß der Marquis von 
Leuville, den er in Budweis zurückgelassen, nicht ohne ihn noch be- 
sonders auf die Wichtigkeit des Platzes aufmerksam zu machen, und 
der Graf Törring, der sich bei Wessely so vortheilhaft aufgestellt 
hatte, daß man dafür hielt, sein Lager lasse sich ohne viel Mühe bis 
zu einer unüberwindlichen Haltbarkeit bringen, diese Positionen be- 
haupten würden. Allein der Ungehorsam hat etwas Ansteckendes, 
so wie er einmal nicht gestraft worden ist. Auch diese Generale hiel- 
ten das Urtheil des Kurfürsten für unrichtig. Sie fanden ihre Auf- 
stellung nicht so stark, wie er wohl denke, zumal wenn die Luschnitz 
nicht durch Regengüsse angeschwellt sei, wie die Tage vorher; und den 
Feind vor ihnen viel zu überlegen, um demselben die Spitze zu bieten. 
Sie beschlossen, dem Kurfürsten nachzufolgen, und schlugen ebenfalls 
über Pisek und Mirowitz den Weg nach Prag ein. Der Kurfürst, 
statt sie zu tadeln, ersuchte sie nur, so rasch wie möglich herbei- 
zukommen. 
Hierauf konnte sich nun die österreichische Armee unverhindert in 
diesen oberen Landschaften ausbreiten; vielleicht darf man die strate- 
Lische Auffassung, in deren Folge dies geschah, dem erprobten Ta- 
lente Neippergs, der beim Großherzog alles galt, zuschreiben. Und 
schon waren die Oesterreicher jetzt stark genug — nach der geringsten 
Schätzung 36,000, nach einer andern 44,000 Mann — um noch 
eine ansehnliche Abtheilung in die Nähe von Prag zu schicken. 
In welche Lage wäre die verbündete Armee gerathen, wenn sie, 
notre parti, A. de Gassion de marcher en avant sur Prague et mei de 
le suivre, malgré un second ordre tres précisement arrivé de I’Electeur
	        
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