Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Franzosen und Baiern in Böhmen. 489 
Vorrücken ist ihm an vielen Stellen das Landvolk entgegengezogen, 
die Priester mit Weihwasser und Kreuz an der Spitze, um ihn als 
ihren künftigen Herrn demüthig zu begrüßen; zur Erbhuldigung, die 
am 19. December stattfand, stellten sich die Stände des Reiches in 
ansehnlicher Zahl ein; eine Hofdeputation unter dem Vorsitz des 
Grafen Kollowrat führte im Namen des neuen Königs die Regierung. 
Manche freilich hielten sich fern, alle waren durch die Anwesenheit 
der Franzosen und deren Forderungen unter ihrer eigenen Autorität 
verstimmt. 1) 
Die eigentliche Entscheidung aber lag in den großen militärischen 
Verhältnissen. 
Nach einem Beschlusse des versammelten Kriegsrathes nahm das 
österreichische Heer Cantonirungsquartiere in jenen Gebirgslandschaften 
und Hochebenen von Strakonitz bis Tabor und Tein hin 2). Man 
hielt dies in Prag für Furcht, tadelte es auch zu Wien am Hofe und 
in der Stadt sehr lebhaft, aber ohne Zweifel war es das Beste, was 
unter den obwaltenden Umständen geschehen konnte. 
Eine ansehnliche Abtheilung der Franzosen und Baiern unter 
Törring und Aubigné machten nur einen vergeblichen Versuch, hier 
wieder einzudringen und sich der verlorenen Plätze zu bemächtigen. 
Vor ihren Augen verstärkte der Großherzog Budweis, zu nicht geringer 
Genugthuung der Königin, die eben dies vor allen Dingen wünschte, 
und wußte es zu behaupten. Die verbündeten Truppen wurden nach 
Pisek zurückgedrängt, wo. sie sehr zufrieden waren, nicht energischer 
angegriffen zu werden. 
Dadurch geschah nun aber, daß sie von ihrer Verbindung mit 
Oberösterreich abgeschnitten wurden, was um so mehr bedeutete, da 
so eben noch eine neue Armee an der Donau erschien. 
Die aus Italien zurückberufenen Regimenter vereinigten sich bei 
Waidhofen an der Ips mit den Khevenhüllerschen Truppen zu einem 
Heer von ungefähr 20,000 Mann. Ludwig Andre Graf Khevenhüller, 
ein Entel des geschichtkundigen Diplomaten, dem wir die ferdinan- 
deischen Annalen verdanken 2), war ein gelehrter Kriegsmann, der 
1) Schmettau, Dec. 1741: Les Français agissent avec une despotisme 
scandaleux jusqufa donner des mandemens de la part du roi de France 
dans les cercles du royaume au licu de les donner au nom du roi de 
Boheme. 
2) Oesterreichische militärische Zeitschrift 1827. III, 149. 
3) In dem Buche: Lhistoire de les actions héroiques du feu Louis 
Andre de Khevenhuller 1744, findet sich beinahe nichts, was der Rede werth
	        
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