502 Neuntes Buch. Zweites Capitel.
können. Seine Meinung war, daß die Königin unverzüglich, wie mit
ihm, so auch mit Sachsen und Baiern in Unterhandlungen treten
müsse, wobei jene Abtretungen die Grundlage zu bilden hatten. Man
könnte freilich meinen, das beste Mittel, diese ihm so erwünschte Ab-
tretung zu bewirken, würde gewesen sein, die gewaltige Kriegsmacht,
an deren Spitze er stand, gegen Oesterreich zu wenden. Allein dann
würde er diesem selbst die Niederlage beigebracht haben, durch die es
hätte vernichtet werden können. Er wollte vielmehr der österreichischen
Macht Anlaß geben, sich auf ihre eigenen Füße zu stellen. Wie er
im October dem Heer Neippergs freie Hand verschaffte, so versprach
er jetzt dem Großherzog, Brünn nicht anzugreifen, welches nach seinem
Plan Oesterreich verbleiben solle; überhaupt, so ließ er ihm wissen,
möge er sich wegen seines Feldzuges keine Sorge machen; nur einen
geringen Zweck werde er zu erreichen suchen. Es leuchtet doch ein,.
daß er das gezückte Schwert abermals nicht mit voller Wucht auf
den Feind fallen ließ. Er wünschte mit ihm sich zu pacifiren, aber
auf Bedingungen, die ihm selbst einen sichern Frieden verschaffen
sollten, ohne ihn geradezu mit seinen Verbündeten zu entzweien. Das
Geheimniß, über dessen Verletzung er sich energisch und mit gutem
Grunde beklagte, wie er denn hier den Brief der Kaiserin Amalie
nochmals ausdrücklich erwähnt hat, schärfte er auf das Strengste ein,
sogar mit der Drobung, wenn es gebrochen werde, die Brandfackel
nach Wien zu tragen. So war seine Stellung und sein Plan. Man
muß denselben kennen, um seinen Feldzug, der doch eigentlich nur
drohen und gefährden, aber nicht verderben sollte, zu verstehen. Er
wollte Oesterreich zur Annahme der Bedingungen nöthigen, die er
vorgeschlagen; aber er wollte es nicht zu Grunde richten. Auch ließ
er durch den englischen Gesandten der Königin sagen: zu Grunde
richten wolle er sie nicht, aber zu neuen Verlusten werde sie sich nun-
mehr entschließen müssen. In seinen Anordnungen in Bezug auf die
innere Verwaltung findet sich die Voraussetzung, daß Böhmen bgierisch
bleiben dürfte. Der Cabinetsrath, der in diesen Dingen mit dem
König Tag für Tag arbeitete, versichert in seinen Privatbriefen, der
ernstliche Wunsch desselben sei dahin gerichtet, eine genaue Freund-
schaft mit Sachsen aufrecht zu erhalten 1).
1) Eichel, 1. Februar an Podewils: Des Königs M. intendiren sich mit
dem sächsischen Hofe mehr und mehr zu accrochiren, um auf alle Fälle im
Stande zu sein, sich eines sourrirten Friedens ohnerachtet souteniren zu
können.